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Bundesgerichtshof entscheidet__Tiere sind keine Gebrauchtwagen

Foto: succo/Pixabay

Der Bundesgerichtshof hat sich mal wieder mit dem Kauf von Tieren befasst: Hier ging es vor allem um die Frage einer ausgeheilten Verletzung, konkret um den Rippenbruch bei einem Pferd.

Das zweitinstanzlich zuständige Gericht ging noch davon aus, auch eine folgenlos ausgeheilte erhebliche Verletzung eines Tieres lasse es noch zu, das Tier als „mangelhafte Kaufsache“ einzustufen mit der Folge, dass dem Käufer Nacherfüllungsansprüche aus dem Kaufvertrag zuständen. Der Bundesgerichtshof (BGH) sah das jedoch in letzter Instanz anders.

Der BGH stellte zunächst klar, dass eine fehlende Freiheit von Vorverletzungen noch nicht zwingend als ein Sachmangel zu sehen sei. Wenn ein Tier trotz der Vorverletzungen zum gewöhnlichen Gebrauch geeignet sei, könne von einem Sachmangel nicht mehr ausgegangen werden. Wenn nicht eine anderslautende Vereinbarung getroffen sei, habe der Verkäufer lediglich dafür einzustehen, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank sei und dass es sich auch nicht in einem Zustand befinde, der eine alsbaldige Erkrankung sehr wahrscheinlich mache.

Abweichungen von der physiologischen Norm, die mit einer nur geringen Wahrscheinlichkeit später einmal dazu führen könnten, dass ein Tier nicht mehr zu seinem bestimmungsgemäßen Zweck genutzt werden kann, sind nach Ansicht des BGH daher nicht als Sachmangel einzustufen. Schließlich unterliege ein Tier als Lebewesen einer ständigen Entwicklung. Im Übrigen könne ein Käufer nicht erwarten, dass er auch ohne Beschaffenheitsvereinbarung ein Tier mit „idealen Anlagen“ erhält. Gleiches gelte für folgenlos ausgeheilte Verletzungen: Mit solchen müsse ein Käufer rechnen. Ein Tier mit einer folgenlos ausgeheilten Verletzung sei – anders als ein Unfallwagen mit verschwiegenem Vorschaden – aufgrund dieser Besonderheiten gerade nicht als mangelhaft anzusehen. Eine folgenlos ausgeheilte Verletzung sei allenfalls eine „Abweichung vom Idealzustand“ und müsse im Einzelfall daher, jedenfalls beim Fehlen einer Beschaffenheitsvereinbarung, hingenommen werden. (Dietrich Rössel, Rechtsanwalt; Bundesgerichtshof, Aktenzeichen VIII ZR 69/18)