Artikelarchiv

ZZF-Forum__Tierverliebt und lernbereit

  Wie kann eine Branche, die sich so sehr über Emotionalität definiert, im Internet-Zeitalter zukunftsorientiert agieren und und trotz aller Tierverliebtheit profitabel arbeiten. 155 Vertreter der Heimtierbranche trafen sich am 19. und 20. März in Wiesbaden-Niedernhausen, um dieses aktuelle Thema unter verschiedenen Aspekten zu diskutieren.     

  „Marketing 4.0 in der Heimtierbranche: Auf dem Weg zu neuen Rollen und Positionierungen“ – so lautet der Titel des ZZF-Forums mit neun überaus spannenden Vorträgen und einem Workshop zu zukünftigen Herausforderungen. ZZF-Präsident Norbert Holthenrich freute sich mit der Thematik den Nerv der Teilnehmer getroffen zu haben, wie sich an der überdurchschnittlich guten Beteiligung ablesen ließ.

Die Heimtierbranche  muss sich regelmäßig überprüfen, ob sie den Ansprüchen ihrer Kunden noch genügt. Dies machte Franke, Rehme vom gmvTeam deutlich. Einkaufen gehen – neudeutsch shoppen - ist heute eine sehr beliebte Freizeitaktivität, die mit anderen Freizeitangeboten wie zum Beispiel Sport treiben oder ins Kino gehen, im Wettbewerb steht. Die Kunden besitzen außerdem eine ganz andere Sortimentskompetenz als früher und erwarten viel mehr Aufmerksamkeit. „Wir müssen den Shopper aktivieren“, so Rehme, „einfach nur ein paar Paletten hinstellen und den Warendruck erhöhen, das reicht nicht aus.“

Das weiß keiner besser als Matthias Pohl, Geschäftsführer von Kölle-Zoo. Sein Team und er haben sich inzwischen komplett auf den Kunden konzentriert und vieles verändert. Seither wächst Kölle-Zoo kontinuierlich zweistellig.

Einen ähnlichen kundenorientierten Weg ist die Marketing-Verantwortliche von Bunny Tierernährung, Katharina Engling, gegangen. Sie hat Instagramer und Kleinsäuger-Fans zu Haus besucht. Dort traf sie auf komplette Wohnlandschaften für die vierbeinigen Lieblinge, Futter - frisch und individuell zusammengestellt, abwechslungsreiche, fordernde Beschäftigungen.... Keiner dieser Influencer halte seine Tiere in Käfigen wie sie der Zoofachhandel anbietet. „Das meiste des Zubehörs wird selbst gemacht oder man lässt es machen“, weiß Engling.

Welche Bedeutung Influencer auf  Produktentwicklung und Marketing haben, konnten auch Malte Hübers, Geschäftsführer der Dr. Clauder solution for pets, und deren Testimonial Oli P. belegen. Gemeinsam haben sie ein BARF-to-go-Konzept entwickelt und über Blogger und weitere Influencer bekannt gemacht. Wichtig sei es, authentische Influencer zu finden, die das Thema lebten.

Facebook- und Instagram-Account sind für Melanie Thomas-Ventker von Zoo Thomas in Hilden das eine; Sach- und Fachkunde gepaart mit großzügigen Tierverkaufsanlagen das andere. Das Zoofachgeschäft in zweiter Generation sucht gezielt den Weg zwischen Moderne und Tradition. Die 18 Mitarbeiter nehmen sich Zeit für ausführliche Beratungsgespräche, doch manche Kunden berufen sich auf ihr Halbwissen aus dem Internet. Daher behält sich Zoo Thomas auch vor, manchen Kunden die Tiere nicht zu verkaufen. Eine klare Position.

Um klare Positionen ging es auch im Vortrag von Günter Käfer, Institut Marken und Medien. Der Weg zu einer eigenen Markenpositionierung führe, laut Käfer, nur über ganz strukturierte Prozesse in einem klar umrissenen Zeitfenster.

Eine ganz aktuelle Markenausprägung bildet das Thema „Nachhaltigkeit“.  Dr. Rowena Arzt, Bereichsleiterin Messen bei der WZF, stellte dazu eine Studie vor, die der Interzoo-Veranstalter während der Interzoo 2018  durchführte. Für 80 % der befragten Unternehmen ist diese Thematik immens wichtig. Gerade die Jugend, also die Kunden von morgen, beschäftigt sich mit Klimaschutz, sauberen Meeren, Plastikmüll etc. und ist auch bereit, dafür auf die Straße zu gehen.

Weniger begeisterungsfähig als diese umweltbewusste Jugend scheinen Aquaristik-Fachhändler zu sein, hat Heiko Blessin, JBL-Marketingleiter festgestellt. Mehrere Formate, die der Futtermittelhersteller dem Handel anbot, waren mangels Resonanz gescheitert. Dabei wünsche man sich den direkten Kontakt zum Kunden – man suche den Austausch, um zu erfahren, was Aquarianer wirklich wollen.  

Für einen fulminanten Abschluss sorgte Sanjay Sauldie, Direktor des Europäischen Internet Marketing Instituts. „Wir befinden uns heute im Zeitalter der Transformation und das erfordert lebenslanges Leben“, ruft er dem Publikum zu. Internet-Start-ups greifen die etablierten Unternehmen ganz gezielt in bestimmten Nischen an. Das werde auch in der Heimtierbranche nicht ausbleiben, ist sich der indische Firmencoach sicher.  Und so empfiehlt er den Anwesenden, ihre digitalen Hausaufgaben zu machen: „Wer die digitale Sprache nicht beherrscht, der wird verlieren“, ist Sauldie überzeugt.