Fachsymposium__Wenn der Vogel nicht singt, sondern tanzt

Zwei Tage lang drehte sich in Kassel alles um Ziervögel. Foto: WZF/Andreas Weber

Ein weiterer Schritt zur Normalität: Am vergangenen Wochenende trafen sich Tierärzte und Zoofachhändler in Kassel zum Fachsymposium des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe. Diesmal drehte sich alles um Ziervögel.

In der Heimtierbranche ist die Veranstaltung längst eine Institution: Zum 25. Mal veranstaltete der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) das Fachsymposium. Diesmal trafen sich Interessierte in einem Kasseler Tagungshotel, um den Vorträgen über Sittiche, Papageien und andere gefiederte Heimtiere zu lauschen.

Der ZZF hatte ein pralles Programm auf die Beine gestellt. So gab AZ-Vizepräsident Jörg Ehlenbröker einen Einblick in die Ziervögel-Zucht in Deutschland. Hierzulande werden neuesten Erhebungen zufolge zwischen 450 und 600 Arten gezüchtet. Die Zahl möglicher Zuchtausprägungen ist Legion, das wurde in Ehlenbrökers Vortrag schnell deutlich. Die vorgestellten Züchtungen seien frei von genetischen Defekten, betonte Ehlenbröker auf Nachfrage.
 
Die richtige Voliere

Heike Mundt, Betreiberin des Papageienparks in Bochum, sprach über Haltung und Haltungssysteme für Vögel. Ziel sei immer das Wohl des Tieres und die richtige Behausung dafür maßgeblich. Dabei komme es nicht allein auf die Größe der Voliere an, sondern auch auf Hygiene und Ausstattung, machte Mundt deutlich. Bei der Entscheidung, wie die Voliere zu gestalten ist, spielen die zukünftigen Bewohner und deren spezifische Bedürfnisse die wichtigste Rolle. Die Papageien-Expertin gab zudem einfache, konkrete Tipps für die Einrichtung und hatte viele Beispiele von Haltern und deren Volieren mit nach Kassel gebracht.

Die Diplom-Biologin Hildegard Niemann sprach über Ziervögel in menschlicher Obhut. Ihre These bezüglich der Haltung der Tiere: artgerecht heißt verhaltensgerecht. Um eine verhaltensgerechte Haltung zu gewährleisten, benötige der Halter umfassende Kenntnisse über die Tiere etwa zur Anatomie, Physiologie oder dem Verhalten unter naturnahen Bedingungen. Auch Niemann hatte zur Veranschaulichung Beispiele aus der Praxis dabei, etwa die schwierige Anpassung der Volieren bei einer Halterin mit mehreren Papageien verschiedener Arten.

Häufige Krankheiten vorgestellt

Die Tierärztin Dr. Dorit Münker berichtete unter dem Titel „Achtung! Ansteckend!?“ über häufige Infektionen. Münker behandelt schwerpunktmäßig Vögel und hat in ihrem beruflichen Alltag mit dem gesamten Spektrum an Erkrankungen und Parasitenbefall zu tun. So berichtete sie beispielsweise darüber, dass sie einen überraschten Vogelhalter über den Befall eines Tieres aufklären musste. Das Tier litt unter juckenden Füßen, der Halter freute sich hingegen darüber, dass der Vogel so gern auf der Stange tanzte. Nach der Behandlung habe er nicht mehr getanzt, dafür aber wieder gesungen, so Münker.

Thematisch anschließend referierte der Fachtierarzt für Geflügel, Dr. Axel Zinke, unter dem Titel „Warum ist mein Vogel krank?“ über häufige haltungsbedingte Erkrankungen bei Ziervögeln. Zinke zeigte beispielsweise auf, welche Bedeutung die Gestaltung der Voliere und der Umgebung für die Gesundheit der Tiere hat. Für ihn als Mediziner sei oftmals detektivische Arbeit vonnöten um herauszufinden, worin gesundheitliche Probleme begründet liegen. Er erzählte von einem Graupapagei, der mit Magenentzündung und Federrupfen zu ihm gebracht wurde. Nach längeren Gesprächen stellte sich heraus, dass vor dem Zimmer, in dem der Vogel lebte, eine Tankstelle mit starker Neonbeleuchtung neu eröffnet wurde. Dieses Licht nehme der Vogel im Unterschied zum Menschen als Stroboskoplicht wahr. Dieser Einfluss habe das Tier krank gemacht.

Tierärzte und Zoofachhandel

Von der Universität Gießen sprachen Dr. Kristina Maier-Sam und Professor Michael Lierz am frühen Samstagabend schließlich über die tierärztliche Bestandsbetreuung im Zoofachhandel. Sie stellten im Detail dar, worauf Tierärzte achten, wenn sie eine Zoofachhandlung vertragsgemäß inspizieren. Für den tierführenden Zoofachhandel sprach Professor Lierz die Empfehlung aus, sich einen engen Züchterstamm aufzubauen und an diese Züchter konkrete Anforderungen bezüglich des Tierwohls und der Gesundheit zu stellen. Ziel sei, gesunde Tiere bis zum Halter zu vermitteln.

Am Sonntagmorgen dann griff Dr. Kristina Maier-Sam das Thema Gesundheit wieder auf. Unter dem Titel „Man ist was man isst“ referierte sie über Ernährungsfehler bei Vögeln und deren Konsequenzen. Die Fachtierärztin für Wirtschafts-, Wild- und Ziergeflügel spannte den Bogen über die Nahrung der Ziervogelarten in freier Wildbahn zur Situation in den Haushalten mit Papageien, Sittichen und anderen Arten. Maier-Sam zeigte die häufigsten gesundheitlichen Probleme auf, die auf falsche Ernährung zurückzuführen sind, und gab Tipps für eine artgerechte Fütterung.

Tiermedizin verbessert sich stetig

Professor Michael Lierz gab schließlich im letzten Vortrag des Symposiums einen Überblick darüber, was in der Tiermedizin für Vögel heute möglich und in den Praxen üblich ist. Sein Fazit: Die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen werden immer besser.

In einer abschließenden Podiumsdiskussion standen die Referenten für Fragen aus dem Publikum zur Verfügung. Es entwickelte sich eine ethische Diskussion über die Heimtierbranche. Tenor: Die meisten Zoofachhändler bemühen sich nach Kräften um Tierwohl und –gesundheit. Dennoch müsse einer Stigmatisierung der Branche durch Engagement für das Tier weiter entgegengewirkt werden.