JBL-Nachfolge__Stella Kaltenmeier-Böhme: "Ja, ich will"

Stella Kaltenmeier-Böhme und Roland Böhme mit dem Porträt des JBL-Gründers Joachim Böhme. Foto: JBL

   JBL-Geschäftsführer Roland Böhme  hat sich schon frühzeitig Gedanken um seine Nachfolge gemacht. Zum 1. Januar 2021 hat seine Tochter Stella Kaltenmeier-Böhme die operative Geschäftsführung des Aquaristikunternehmens übernommen. Roland Böhme bleibt als strategischer Geschäftsführer im Unternehmen und wünscht sich, dass „die Jungen das Unternehmen mit Verantwortung und Begeisterung weiter vorantreiben“. zza sprach mit der 29-Jährigen über ihren neuen Job.

zza:

Was hat Sie bewogen als Geschäftsführerin in das elterliche Unternehmen einzusteigen? War das schon immer Ihr Wunsch?

Stella Kaltenmeier-Böhme:

Unsere Firma begleitet mich schon mein Leben lang. Sie war immer präsent, ich bin da hineingewachsen. Eigentlich war für mich schon früh klar: Ja, ich will da einsteigen. In meiner Familie wird dazu folgende kleine Anekdote erzählt: In die Freundschaftsbücher, die man als Kind so bekommt, habe ich bei der Frage „Was willst du einmal werden?“ immer „Chef“ reingeschrieben. Ich hatte zwar keine Ahnung, was man als Chef konkret machen muss, aber mein Vater war Chef und das wollte ich eben auch werden. Die Familie, auch meine Großeltern, hat dieser Wunsch sehr erfreut. Doch sie haben nie gedrängt oder Druck aufgebaut. Im Gegenteil: Sie haben vorgelebt, dass die Firma auf der einen Seite steht, das Familienleben auf der anderen. Firmenthemen wurden nie am Esstisch diskutiert.

Welche Erfahrungen bringen Sie mit? Wie haben Sie sich auf die neue Aufgabe vorbereitet?

Die Aquaristik liegt mir sehr am Herzen. Schon als Kind habe ich mir ein Aquarium gewünscht. Doch zuerst bekam ich einen Kaktus. Wenn ich den gut pflege und er nicht eingeht, dann bekäme ich auch ein Aquarium, war die Bedingung. Was mir natürlich gelang und so schenkte mir mein Großvater mein erstes Aquarium. Aus dem dann schnell mehr wurden. Später wurde mir klar, dass ich, wenn ich das Unternehmen tatsächlich übernehmen möchte, auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse besitzen sollte. Daher entschied ich mich für ein BWL-Studium in Heidelberg: Internationales Mittelstandsmanagement lautet der offizielle Studiengang, den ich mit einem Master abgeschlossen habe. Nach dem Abitur habe ich übrigens in England in einem Zoofachgeschäft gearbeitet – ich kenne also auch die Handelsseite gut. Auch die meisten JBL-Mitarbeiter kennen mich schon lange: Sehr früh war ich auf der Interzoo und bei Firmenveranstaltungen mit dabei.

Wie wünschen Sie sich die Zusammenarbeit mit Ihrem Vater?

Wir wünschen uns beide eine ehrliche und offene Kommunikation. Uns ist wichtig, den Familienfrieden zu erhalten. Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meinem Vater und das soll auch so bleiben. Ich sehe ihn als meinen Coach, der mir seine Erfahrungen mitgibt, mich bei wichtigen Entscheidungen berät und mich unterstützt.

Frauen in Führungspositionen sind leider noch immer in der Minderheit. Haben Sie ein Vorbild, das Ihre berufliche und persönliche Entwicklung inspiriert hat?

Ein direktes Vorbild habe ich nicht. In meinem Familien- und Freundeskreis gibt es einige Frauen, an denen ich besondere Charaktereigenschaften schätze. Es gefällt mir, wenn jemand ein taffes Auftreten zeigt. Ich weiß, Persönlichkeitsentwicklung ist ein stetiger Prozess. Wie beweist man sich als Frau in einer Führungsposition? Ich glaube, man sollte authentisch wirken und sich in seiner Rolle wohlfühlen.

Wie ist Ihr Blick auf die Heimtier- und speziell auf die Aquaristikbranche?

Corona hat bei vielen Menschen ein Umdenken bewirkt. Plötzlich ist man viel zu Hause, hat mehr Zeit, will sich sein Heim schön machen. Manche sprechen schon vom sogenannten Corona-Hund. Sogar in meinem Freundeskreis gibt es mehrere, die sich in der Pandemie einen Hund zugelegt haben und jetzt glückliche Halter sind. Und auch Aquaristik, Terraristik und Teich haben in der Krise neue Freunde gefunden. Das sollten wir nutzen. Vor allem, indem wir zeigen, dass die Aquaristik kein zeitraubendes Hobby ist. Ich sehe ja bei mir selbst, wie wichtig persönliche, freie Zeit ist. Daher sollte es nicht zu viel Aufwand erfordern, sein Aquarium, Terrarium oder den Teich zu pflegen. JBL kann dafür passende Konzepte liefern.

Die Corona-Pandemie hat bei vielen Unternehmen einen Digitalisierungs- Nachholbedarf sichtbar gemacht. Wie weit ist JBL bei diesem Thema?

Ich habe dreieinhalb Jahre bei einem mittelständischen Spezialisten für Digitalisierung gearbeitet. Dieser Blick in ein ähnlich großes Unternehmen in einer ganz anderen Branche hat mir gezeigt, dass es bei JBL noch einige Potenziale gibt. Corona lieferte schließlich den Anstoß, beim Thema Digitalisierung noch mehr zu tun. JBL ist ein eher traditionelles Unternehmen, doch wir sind in dieser Hinsicht auf einem sehr guten Weg. Mein Vater hat hier schon eine sehr gute Basis ge- schaffen. Die ein oder andere Papierablage werde ich aber wohl noch auflösen. Und sicherlich werden wir an den Themen Homeoffice und Digitalisierung in Zukunft weiterarbeiten.

Zum Abschluss die berühmt-berüchtigte Frage: Wo sehen Sie sich in fünf Jahren? Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?

Soweit möchte ich doch noch nicht vorausschauen. Fragen wir lieber, wo möchte ich in zwei Jahren stehen? Mir ist es erstmal wichtig, im Unternehmen anzukommen, meinen Platz zu finden und eigene Projekte zu führen. Ich will meinen persönlichen Fußabdruck hinterlassen. Ich bin sehr stolz, dass ich das, was mein Großvater und mein Vater aufgebaut haben, weiterführen darf. Vor meinem inneren Auge sehe ich eine Treppe, deren erste Stufe mein Großvater gelegt und die mein Vater um eine weitere ergänzt hat. Nun liegt es an mir, die dritte Stufe zu schaffen. Fragen Sie mich in einem halben Jahr nochmals, welche Ziele ich anstrebe, dann kann ich vielleicht Genaueres dazu sagen. Jetzt werde ich mich erstmal in die Themen reinfuchsen. 

Vielen Dank für das Gespräch, alles Gute und viel Erfolg bei Ihrer neuen Aufgabe!