Umfrage__Jeder Vierte produziert weniger

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Jedes vierte größere mittelständische Unternehmen hat die Produktion gedrosselt oder plant dies kurzfristig. Eine Forsa-Umfrage zeigt aber auch, dass viele Unternehmen jetzt daran arbeiten, Effizienz-Potenziale zu heben. Auch zum Vorteil der Umwelt.

Aufgrund der erwarteten Gas-Versorgungslage für diesen Winter hat jedes vierte größere mittelständische Unternehmen im produzierenden Gewerbe die Produktion bereits heruntergefahren oder plant dies kurzfristig. Zum Auffangen der zusätzlichen Energiekosten setzten 29 Prozent der befragten Unternehmen aller Branchen Preissteigerungen durch.

Dies sind Ergebnisse einer aktuellen branchenweiten Befragung deutscher Unternehmen des Umfrage- und Meinungsforschungsinstitutes Forsa im Auftrag der Unternehmensberatung FTI-Andersch. Aus ökologischer Sicht ein positives Signal: Nahezu die Hälfte (44 Prozent) der Unternehmen investierten zuletzt in alternative regenerative Energieträger, 28 Prozent planen dies derzeit.

„Kann und wird einige in Schieflage bringen“

„Wenn man zuletzt gelesen hat, deutsche Unternehmen würden Energie einsparen, dann ist vielfach mit Produktionsdrosselungen zu übersetzen gewesen“, sagt Steffen Puhlmann, Experte für Energie und Klima bei FTI-Andersch. „Aufgrund der komplexen Situation geprägt durch Lieferengpässe, Materialknappheit, Inflation, Konsumrückgang und geopolitische Risiken lässt sich noch nicht genau abschätzen, ob, wann und in welcher Intensität das Fehlen dieser Produktionsmengen auch bei Endkunden ankommen wird.“ Es sei jedoch zu konstatieren, dass geplante Umsätze zuletzt nicht erzielt werden konnten, so Puhlmann. „Dies kann und wird einige Unternehmen in Schieflage bringen.“

60 Prozent der befragten produzierenden Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 40 Millionen und einer Milliarde Euro schließen bisher aus, ihre Produktion vorübergehend zurückzufahren. Die schwierige Situation habe dazu geführt, dass eine signifikante Anzahl an Unternehmen die Produktion noch energieeffizienter gemacht hat, so die Unternehmensberatung. 38 Prozent hätten angegeben, bereits Investitionen zur Effizienzsteigerung der Wärmenutzung in der Produktion getätigt zu haben, 16 Prozent führten dies gerade durch und 17 Prozent planten diese Investitionen.

„Wirkt positiv auf Öko-Bilanz und Kosten“

„Dies kann und wird zu langfristigen Reduktionen führen, die sich positiv auf Öko-Bilanz und natürlich auch auf die Kosten auswirken“, sagt Steffen Puhlmann. „Und diese Zahlen machen Mut: Wenn es wirklich ernst wird, dann wachsen deutsche Unternehmen und Unternehmer über sich hinaus und arbeiten am Heben bisher nicht gekannter Effizienzen. Ein wichtiges positives Signal in dieser so schwierigen Zeit.“

Ein ebenso klares Signal setzen die von Forsa befragten Unternehmen aller Branchen – nicht nur im produzierenden Gewerbe – beim Einsatz alternativer Energieträger zu Gas. Eine deutliche Mehrheit von 72 Prozent setzt als Alternative regenerative Energieträger ein: 44 Prozent haben dies bereits umgesetzt, 28 Prozent planen dies kurzfristig. Im Vergleich dazu: Nur ein Drittel ersetzt fehlendes Gas mit fossilen Energieträgern, gerade einmal 14 Prozent planen diesen Schritt. 40 Prozent schließen fossile Energie sogar vollständig aus.

„Unternehmen setzen auf grüne Energie“

„Die öffentliche Debatte über das Comeback der fossilen Energie bildet die Realität nicht ab“, sagt Steffen Puhlmann. „Die Forsa-Erhebung verdeutlicht ganz klar: Deutsche Unternehmen setzen schon jetzt und auch zukünftig deutlich mehr auf grüne als auf fossile Energie.“ Die jetzige Situation scheine die Investitionsvorhaben, die vielfach im Kontext von ESG-Initiativen bereits vor der jetzigen Krise gefasst worden sind, noch einmal beschleunigt zu haben.

„Zur Wahrheit gehört jedoch auch: Unternehmen mit nicht ausreichender Liquidität können diese Investitionen in den meisten Fällen jetzt nicht stemmen. Sie müssten, sofern überhaupt möglich, ihren Verschuldungsgrad weiter erhöhen“, sagt Puhlmann.  Gerade viele deutsche produzierende Mittelständler würden darum den Investitionsrückstau im Vergleich zu ihren liquideren Wettbewerbern noch weiter ausbauen. „Für viele wird eine Restrukturierung in den nächsten Monaten und Jahren damit unausweichlich werden.“

Kühlere Räume und Homeoffice

Weitere Maßnahmen, welche die von Forsa befragten Unternehmen umgesetzt haben oder gerade umsetzen, um Gas und Energie zu sparen: 61 Prozent aller Unternehmen senken die Raumtemperatur, 54 Prozent setzen vermehrt aufs Homeoffice. Rund die Hälfte hat bisher die Heizungsanlage gewartet, optimiert oder ausgetauscht.

29 Prozent haben bereits Preissteigerungen zumindest in Teilen direkt an ihre Kunden weitergereicht. Hier falle ein Unterschied insbesondere in der Dienstleistungsbranche auf: Bisher sei es erst jedem zehnten Dienstleister gelungen, Preissteigerungen weiterzureichen, heißt es in der Pressemitteilung. Zwar arbeiten aktuell 28 Prozent der Dienstleister an der Umsetzung von Preiserhöhungen beziehungsweise planen dieses – insgesamt wollen 37 Prozent jedoch die Preise gar nicht anheben. Zum Vergleich wollen im verarbeitendes Gewerbe 18 Prozent Preise nicht anheben, im Handel 25 Prozent.

Faktor Arbeit

„Natürlich zeigt eine solche Untersuchung vor allem Tendenzen auf. Fest steht aber: Wer Preissteigerungen nicht weitergibt, der kann sie schlichtweg nicht weitergeben“, sagt Steffen Puhlmann. „Natürlich sind Dienstleistungsunternehmen vielfach deutlich weniger von Gas- und Energiepreissteigerungen betroffen als das produzierende Gewerbe. Jedoch sind sie selbst auch weiteren Teuerungen im Einkauf ausgesetzt und insbesondere der Faktor Arbeit hat sich bei qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgrund großer Knappheit verteuert.“

Dementsprechend würden die Margen vieler Dienstleister unter Druck geraten. Wer Preissteigerungen nicht weitergeben kann, müsse jetzt analog zu den produzierenden Unternehmen dringend Ineffizienzen beseitigen und alternative Erlösquellen erschließen.