Zahngesundheit__Katzenjammer gibt es nicht

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Die meisten Katzen haben ernste Zahnprobleme. Das zeigen Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Tierzahnheilkunde. Allerdings bleiben die Krankheiten oft vom Halter unbemerkt. Dr. Lorenz Schmid erklärt, wie der Mensch den Tieren helfen kann.

Zum Zahnarzt geht wohl niemand gern. Häufig besuchen wir ihn nur, wenn es schmerzt. Wer einmal eine Wurzelbehandlung über sich ergehen lassen hat, ist vielleicht geläutert und lässt die eigenen Zähne regelmäßig überprüfen. Oder aber er ist traumatisiert, pfeift auf das Bonusheft und geht gar nicht mehr hin. Bis dann der Schmerz an anderer Stelle zurückkommt und es unerträglich wird.

Das Grauen im Maul

Zahnschmerz gilt den meisten Menschen als Inbegriff von Qual. Auch für Tiere ist er sicher alles andere als angenehm. Die Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Tierheilkunde (DGT) lesen sich daher wie eine Bilanz des pochenden Grauens: 80 Prozent aller Katzen im Alter von über drei Jahren leiden an Erkrankungen der Maulhöhle. 70 Prozent weisen schmerzhafte Zahndefekte auf, sogenannte Zahnresorptionen. Und mehr als zwei Drittel haben Zahnbetterkrankungen. Allen gemein sei, so die DGT, dass diese gesundheitlichen Defekte sich negativ auf das Wohlbefinden, die allgemeine Gesundheit und die Lebenserwartung der Tiere auswirkt.

Aber Katzen leiden leise. Häufig fressen sie, auch wenn es wehtut. Der Halter bekommt es also oft gar nicht mit, dass es dem geliebten Tier nicht gut geht. Weil die Probleme schleichend entstehen, bemerken sie die Verhaltensveränderung der Katze nicht. Sie kennen das Tier ja nicht anders. Erst nachdem ein Arzt ein krankes Tier versorgt hat, geht Haltern ein Licht auf. „Viele sagen nachher, dass sie eine neue Katze haben“, sagt Dr. Lorenz Schmid.

Jahrelanges Leid

Schmid muss es wissen. Er betreibt mit anderen Tierärzten eine Klinik im bayerischen Oberhaching. Er ist auch Präsident der DGT, seit über dreißig Jahren im Beruf und ein ausgewiesener Fachmann für Kleintier-Zähne. In seiner Klinik hat er tausenden Katzen ins Maul geschaut. Und allzu oft sieht er dort Unheil und jahrelanges Leid. Er muss nur nach dem Alter des Tieres fragen, um zu wissen, was ihn erwartet. „Es gibt kaum eine Katze im Alter von drei Jahren ohne pathologischen Befund“, sagt er. Krank sind sie also fast alle.

Paradontitis und Zahnresorption seien die häufigsten Befunde bei Katzen, sagt Lorenz Schmid. Bei ersterer geht es mit Zahnstein los, der zu Zahnfleischentzündungen führt. Daraus erwachsen im Laufe der Zeit die Paradontitis und schließlich der Zahnverlust. Hier weiß die Medizin woher es kommt und kann konkrete Hinweise zur Vermeidung geben. Wird der Zahnstein bekämpft, kann die Paradontitis bestenfalls verhindert werden.

Zahn muss gezogen werden

Im Fall der Zahnresorption liegt die Sache etwas anders. Hier wisse die Medizin nicht, woher es kommt, so Schmid. Tierärzte gehen davon aus, dass verschiedene Faktoren für diese Erkrankung eine Rolle spielen. Am Ende laufe es aber immer auf das Gleiche hinaus: Ein betroffener Zahn muss gezogen werden, denn die Zahnresorption ist für die Katze schmerzhaft.

Rassen, die, wie Lorenz Schmid sagt, von der Idealanatomie abweichen, seien für die Zahnresorption besonders anfällig. Das sind etwa solche Katzen, deren Köpfe durch Zucht verkürzt wurden. Das habe zur Folge, dass sich die natürliche Selbstreinigung von Zähnen und Maul verschlechtert.

Was Halter tun können

So schlimm sich das alles anhört, können die Halter doch durchaus etwas für ihre Tiere tun, um Leid abzuwenden. Sehr effektiv sei es, den Katzen die Zähne zu putzen, so Schmid. Doch das machten nur die allerwenigsten, wohl auch, weil sich die Tiere das nicht gefallen lassen. Schön früh einmal im Jahr zum Arzt zu gehen, helfe dabei, schwere Verläufe zu vermeiden. Im täglichen Umgang mit dem Tier sollten die Halter aufmerksam sein und auf bestimmte Symptome achten.

Wer für sein Tier etwas kauft, könne auch die Weichen in Richtung gesunde Zähne stellen, so Schmid weiter. Beim Futter sei auf eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung aus Nass- und Trockenfutter zu achten. Beim Trockenfutter sollten auch solche Sorten verfüttert werden, die dem Tier Kauarbeit auferlegen. Wenn sich die Zähne ins Futter bohren können, werden sie gleich beim Essen gereinigt. Auch mit anderen, verträglichen Kauartikeln lassen sich Katzenzähne mechanisch reinigen.

Wenn die Katze aber bereits erkrankt ist, sollten die Halter den Gang zum Arzt nicht scheuen, so Schmid. Weil eine Zahnoperation bei Katzen in aller Regel nur unter Vollnarkose möglich ist, hätten viele Halter Sorge, dass dem Tier etwas zustoßen könnte. Mittlerweile gebe es aber auch in der Veterinärmedizin auf Anästhesie spezialisierte Ärzte. Deshalb versucht Lorenz Schmid, Haltern diese Sorge zu nehmen: „In der modernen Tiermedizin hat die Narkose ein extrem geringes Restrisiko.“

dh

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