„Stunde der Gartenvögel“__Rund ein Fünftel weniger Blaumeisen gezählt

Ein Bakterium macht den Blaumeisen zu schaffen. Foto: Capri23auto/Pixabay

Über drei Millionen Vögel haben Naturfreunde bei der „Stunde der Gartenvögel“ dem Nabu gemeldet. Die Auswertung bestätigt die Sorgen der Vogelexperten: Deutschlandweit wurden 22 Pozent weniger Blaumeisen gesichtet also noch vor einem Jahr.

Fast 160.000 Menschen haben in diesem Jahr bei der „Stunde der Gartenvögel“ in Garten, Park oder auf dem Balkon Vögel gezählt. Damit haben sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als doppelt so viele Vogelfreunde an der zum 16. Mal durchgeführte Zählung des Nabu und seines bayerischen Partners LBV beteiligt. Wie der Nabu mitteilt, gab es insgesamt rund 105.000 Meldungen und fast 3,2 Millionen gemeldete Vögel. Das sei ein neuer Rekord und die „Stunde der Gartenvögel“ schlage damit sogar die „Stunde der Wintervögel“, an der im Januar 134.000 Vogelfreunde teilgenommen hatten.

Sorge um die Blaumeise

Im Mittelpunkt des Interesses der diesjährigen Zählung stand die Blaumeise. Seit Anfang März waren beim Nabu vermehrt Berichte über kranke und tote Blaumeisen eingegangen. Bis heute registrierte der Nabu 19.000 solcher Meldungen, die 35.000 verstorbene Vögel betreffen. Als Ursache wurde inzwischen das Bakterium Suttonella ornithocola identifiziert, das bei Meisenarten Lungenentzündungen verursachen kann. Die in Deutschland bisher einmalige Vogel-Epidemie flaut laut Nabu seit Ende April deutlich ab. Bundesweit betrachtet seien aber 22 Prozent weniger Blaumeisen pro Garten gemeldet worden: statt 2,16 Blaumeisen pro Meldung in diesem Jahr nur noch 1,66. Dies sei mit Abstand der niedrigste Wert seit Beginn der Zählungen im Jahr 2005.

Um herauszufinden, ob der Rückgang wirklich auf das Konto der Epidemie geht, wurde für jeden Landkreis und jeden Postleitzahlen-Bereich die Veränderungen der Blaumeisenzahlen gegenüber 2019 mit der Anzahl gemeldeter kranker Meisen verglichen. Es ergab sich ein eindeutiger Zusammenhang. Je mehr Berichte erkrankter und toter Meisen aus einem Landkreis beim Nabu ankamen, desto größer waren dort auch die Bestandsrückgänge. Der Nabu geht daher davon aus, dass zumindest ein Teil des Rückgangs direkt auf das Blaumeisensterben zurückzuführen ist. Dass auch noch andere Faktoren eine Rolle gespielt haben, sei nicht auszuschließen, teilt der Nabu mit.

Bei einem Gesamtbestand von 7,9 Millionen erwachsenen Blaumeisen in Deutschland, den der jüngste offizielle Bericht zur Lage der Vogelwelt ausweist, entspräche ein Rückgang um 22 Prozent gut 1,7 Millionen Vögeln – vorausgesetzt, dass der im Siedlungsraum bei der „Stunde der Gartenvögel“ festgestellte Verlust, auch im Wald in gleicher Weise auftritt. Nur etwa ein Drittel aller Blaumeisen Deutschlands brütet in Dörfern und Städten, die Mehrzahl in Wäldern.

Spatz am häufigsten gesichtet

Im Durchschnitt konnten die Teilnehmer der Aktion in diesem Jahr innerhalb einer Stunde knapp 31 Vogelindividuen von gut elf verschiedenen Arten entdecken, bestimmen und melden. Wie immer in den letzten Jahren war der Haussperling mit 5,3 Vögeln pro Garten der häufigste Gartenvogel. In den frühen Jahren der Aktion konnte die Amsel den Spatz dreimal überflügeln. Doch seit dem Aufkommen des Usutu-Virus vor zehn Jahren nehmen die Amselzahlen laut Nabu ab. Immerhin konnte sie in diesem Jahr mit 2,91 Vögeln pro Garten das Ergebnis des Vorjahres halten. Wie in jedem Jahr ist die Amsel aber weiterhin Deutschlands zuverlässigster Gartenvogel: Sie wurde in 94 Prozent aller Gärten innerhalb einer Stunde gesehen.

Große Verlierer dieses Jahres sind neben der Blaumeise auch der Star und – wie schon in den Vorjahren – der Grünfink. Auch beim kleinen Zaunkönig sinken die Zahlen konstant von Jahr zu Jahr. Bei den größten Sorgenkindern unter den Siedlungsvögeln, Mehlschwalbe und Mauersegler, wiederholten sich die katastrophalen Ergebnisse der Vorjahres nicht. Aber sie sind weit entfernt von früheren Bestandszahlen. Zu den Gewinnern zählen vor allem Ringeltaube und Türkentaube, die beide ihr bisheriges Bestergebnis einfliegen. Auch bei Eichelhäher und Buntspecht sei kein Ende des zunehmenden Trends in Sicht.