Politik__„Positivliste wäre nichts anderes als Verbot der Heimtierhaltung“

Foto: Sascha Krampe/Panthermedia

Seit etlichen Jahren wird aus den Reihen mancher Tierrechtsorganisationen und von einzelnen Politikern die Einführung einer sogenannten Positivliste gefordert. Auch ohne existierende Definition wird unter der Positivliste eine Liste mit solchen Tieren verstanden, deren Haltung, Zucht und Verkauf erlaubt ist. Eine Positivliste wäre ein radikaler Bruch mit dem bisherigen Verständnis des Zusammenlebens von Menschen mit Heimtieren, weshalb der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe sich seit jeher vehement dagegen ausspricht.

Denn bislang gilt in Deutschland und in fast allen Ländern der Erde, dass die Heimtierhaltung dem Grunde nach erlaubt ist und Verbote oder Einschränkungen nur für bestimmte Arten existieren. Um diese sogenannten Negativlisten aktuell zu halten, wurde beispielsweise vor wenigen Tagen auf der Cites-Konferenz in Panama City über die Listungen bestimmter Arten diskutiert. Dies geschieht, um bestimmte Arten zu schützen, Qualzuchten zu verhindern oder um invasive Ausbreitungen zu vermeiden. Der ZZF hat im Rahmen seiner Heidelberger Beschlüsse sogar weitere Einschränkungen auf einer Negativliste zum Wohle der Tiere definiert.

Dass das bisherige System mit den Negativlisten gut funktioniert, hat auch die EU-Kommission immer wieder bestätigt und entsprechende politische Bestrebungen für Positivlisten mit guten Argumenten abgelehnt. Umso alarmierender ist, dass nun die politischen Stimmen in Brüssel und Berlin für die Einführung einer Positivliste an Gewicht gewinnen.

So sagte der für Heimtiere zuständige Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) am 28. November 2022 bei der Verleihung des Deutschen Tierschutzpreises in Berlin: „Wir brauchen dringend eine europäische Positivliste. Tiere wie Pythons haben Zuhause nichts verloren“. Zusätzlich kündigte er an, auf nationaler Ebene eine Positivliste für den Fall einzuführen, wenn diese auf europäischer Ebene scheitern würde.

Antrag wurde durchgewunken

Ohne vorherige Anhörung betroffener Verbände, ohne Aussprache und damit quasi durchgewunken wurde der „Entschließungsantrag zur Verbesserung der EU-Vorschriften für wild lebende und exotische Tiere, die in der Europäischen Union als Haustiere gehalten werden, durch eine Positivliste der EU“ (B9-0489/2022) vom 16.11.2022. Zwar ist der Entschließungsantrag nicht rechtsverbindlich, aber er enthält eine allgemeine Absichtserklärung und eine Orientierungsfunktion. Das Europäische Parlament hat damit also deutlich gemacht, dass es eine Positivliste für richtig hält und einführen will. Die Europäische Kommission sieht dies – zumindest bislang – anders.

In Deutschland haben zudem am 11. Oktober 2022 sieben Nichtregierungsorganisationen (NGOs) ein sogenanntes „Rechtsgutachten Positivliste Deutschland“ in den Umlauf gebracht. Dieses soll die behauptete Notwendigkeit einer Positivliste für Heimtiere aufzeigen und zugleich die Möglichkeit der rechtskonformen Umsetzung beweisen. Die Auftraggeber des Gutachtens – Deutscher Tierschutzbund, Vier Pfoten, Pro Wildlife, AAP, Humane Society International, IFAW und der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring – fordern die Bundesregierung auf, den Handel mit und die Privathaltung von Heimtieren mithilfe einer Positivliste auf die aus ihrer Sicht geeigneten Tierarten zu beschränken.

ZZF-Geschäftsführer Gordon Bonnet stellt klar: „Die Einführung einer Positivliste wäre nichts anderes als ein Verbot der Heimtierhaltung. Nur für einzelne Tiere gäbe es dann einen Ausnahmevorbehalt. Die Haltung von Heimtieren ist aber Ausdruck des in Artikel 2, Absatz 1 des Grundgesetzes geschützten Persönlichkeitsrechts. Eine Positivliste würde dieses Recht unverhältnismäßig stark einschränken und lässt sich somit bereits verfassungsrechtlich nicht begründen. Interessanterweise ist die logische Folge, die sich aus den juristischen Ausführungen des Gutachtens ergibt, auch gerade keine Positivliste, sondern die Zulässigkeit einer Negativliste.“

Gründe entkräftet

Die genannten Gründe für eine Positivliste lassen sich aus Sicht des ZZF argumentativ alle entkräften. Die Eignung als Heimtier ist keine generelle Eigenschaft einer Tierart, sondern kann nur im Einzelfall in Abhängigkeit von den Erfahrungen und dem Fachwissen der Halterin oder des Halters, von den finanziellen Möglichkeiten, der Wohnsituationen sowie der Verfügbarkeit der erforderlichen Futtermittel und Haltungstechnik entschieden werden. Im Unterschied zu einer Positivliste ist eine Negativliste seit Jahrzehnten ein wesentlich konstruktiveres und flexibleres Instrument, das den Tierschutz und Verbraucherschutz fördert und den Zoofachhandel in seiner verantwortlichen Beratung bei der Vermittlung von Heimtieren nicht einschränkt.

Der ZZF steht im Austausch mit Mitgliedern der Bundestagsfraktionen aus Regierung und Opposition sowie mit anderen Heimtier-Verbänden und macht seine Position zur Positivliste deutlich. Auch die European Pet Organization (EPO) lehnt eine Positivliste entschieden ab und unterstützt die Position der Europäischen Kommission: Positivlisten von Tieren, die gehandelt oder als Heimtiere gehalten werden dürfen, bieten keine wirksame Lösung für den illegalen Handel mit lebenden Tieren oder für das Wohlergehen dieser Tiere.

ZZF-Präsident Norbert Holthenrich macht deutlich: „Wir wehren wir uns vehement gegen eine Positivliste und wir werden dies als Sprachrohr der Heimtierbranche zusammen mit Millionen von Heimtierhaltern in Deutschland auch öffentlich tun, wenn die entsprechenden Pläne weiter verfolgt werden sollten.“

Nachteile für Tier- und Artenschutz

Auch für den Tier- und Artenschutz birgt eine Positivliste nur Nachteile: Deren Erstellung würde höchstwahrscheinlich zu einer extremen Verringerung der Zahl der im legalen Handel und im legalen persönlichen Besitz befindlichen Arten führen, da es unerschwinglich teuer wäre, für alle derzeit im Handel befindlichen Arten Risikobewertungen vorzunehmen, nur um nachzuweisen, dass mit ihrer Haltung tatsächlich keine nennenswerten Probleme verbunden sind. Es besteht zudem das Risiko, dass eine Positivliste keine für bestimmte Lebens‐ und Wohnsituationen geeignete Tierarten beinhaltet und davon betroffene Heimtierhalter deshalb mit tierschutzrelevanten Konsequenzen auf für sie zwar ungeeignetere aber erlaubte Tierarten ausweichen. Eine Positivliste könnte außerdem zu einer Welle von Tierabgaben oder anderseits zu dem Erwerb aus unkontrollierten Quellen führen. Tiere, die am Zoofachhandel vorbei und über unprofessionelle Kurierdienste erworben werden, würden möglicherweise auch nicht dem Tierarzt vorgestellt.

Demgegenüber ist bekannt, dass der legale Heimtierhandel und private Tierhalter, wenn sie nachhaltig und verantwortungsbewusst handeln, Vorteile für den Artenschutz haben können, indem sie Arten vor dem Aussterben bewahren. Private Halter, Züchter und Unternehmen verfügen über ein großes Fachwissen über die Tierhaltung und die Physiologie der von ihnen gehaltenen oder gezüchteten Tiere.

ZZF-Geschäftsführer Bonnet: „Es gibt bereits bewährte Mechanismen, um festzustellen, ob Tiere für den Handel geeignet sind. So ist beispielsweise Cites im EU-Recht klar verankert und funktioniert effektiv auf der Grundlage eines Negativlistenkonzepts.“ Auf europäischer Ebene gibt es zudem mit dem EU-Tiergesundheitsgesetz einen wirksamen Rechtsrahmen, um neu auftretende Krankheiten zu verhindern und Zoonosen zu bekämpfen. Bonnet: „Der Tierschutz und die Eindämmung des illegalen Handels mit Tieren sind für uns von größter Bedeutung. Deshalb arbeiten wir hier mit der Europäischen Kommission und den EU-Behörden bei der Umsetzung des EU-Aktionsplans gegen den illegalen Handel mit Wildtieren zusammen. Wir sind bestrebt, die verantwortungsbewusste Tierhaltung zu fördern, gute Tierschutzstandards in der gesamten Heimtierbranche zu gewährleisten und sicherzustellen, dass unsere Mitglieder nur mit legal, nachhaltig und verantwortungsvoll beschafften Tieren handeln.“

Uralte Bindung zwischen Mensch und Tier

Die seit Jahrtausenden bestehende Bindung zwischen Mensch und Tier leistet nachweislich einen wichtigen Beitrag für das Wohlbefinden des Menschen. Für viele Menschen ist diese Bindung eine direkte Verbindung zur Natur, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. Heimtiere, darunter auch vermeintlich exotische Arten wie Goldfische, Schildkröten, Hamster, Papageien und Geckos, sind ein wichtiger Teil unseres sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Gefüges. Auch Heimtiere können von dieser Bindung profitieren, da die Lebenserwartung von Tieren in menschlicher Obhut in der Regel viel höher ist als die Lebenserwartung in freier Wildbahn, wenn man das Futter und die tierärztliche Versorgung berücksichtigt.

Der ZZF wird sich daher mit Nachdruck weiterhin gegen die Einführung einer Positivliste in Deutschland einsetzen – ebenso wie die EPO auf europäischer Ebene.

Hier das sogenannte Rechtsgutachten zur Positivliste : https://media.4-paws.org/8/4/7/2/8472245c2755a29bef471a8f05de240ece2d65c2/Cornelia_Ziehm_Rechtsgutachten_Positivliste.pdf

Hier der Entschließungsantrag des Europaparlaments zur Positivliste: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/B-9-2022-0489_DE.pdf