Schnurren__Nicht immer Audruck von Wohlbefinden
Jede Katze schnurrt – und das bei vielen Gelegenheiten. Auf Menschen hat das Geräusch vor allem eine beruhigende Wirkung. Für die Katze geht das Schnurren deutlich weiter.
Katzen sind faszinierende Wesen, die Menschen mit ihren Fähigkeiten auch nach tausenden Jahren des Zusammenlebens noch zum Staunen bringen und deren Verhalten heute noch weiter ergründet und erlernt werden kann, weil so vieles davon bislang nicht erklärt wurde. Dazu gehört auch das Schnurren.
So werde in aktuellen Studien beispielsweise erforscht, wie die Samtpfoten das Geräusch überhaupt erzeugen und warum es so beeindruckende Effekte erzielen kann, teilt der Industrieverband Heimtierbedarf mit.
Kommunikation mit Artgenossen
Dr. Dunia Thiesen-Moussa leitet als Fachtierärztin für Tierverhalten eine Tierärztliche Praxis für Kleintierverhalten. Sie erklärt, dass Katzen viele Gründe haben können, wenn sie schnurren. Da wäre das Wohlbefinden: „Bereits Katzenwelpen im Alter von wenigen Tagen schnurren“, sagt Thiesen-Moussa. „Vermutlich drücken sie damit ihr Wohlbefinden oder ihre Zuneigung gegenüber der Katzenmutter aus, auch während des Säugens. Aber auch erwachsene und ältere Katzen schnurren.“
Auch dient das Schnurren der Kommunikation unter Artgenossen. Es ist ein wichtiges Mittel zur Verständigung. Katzen setzen es ein, etwa wenn sie einen Artgenossen zum Spielen auffordern möchten oder bei der Annäherung signalisieren wollen, dass sie sich friedlich nähern. Auch Menschen gegenüber schnurren viele Katzen aus diesen Gründen oder um ihr Wohlbefinden auszudrücken. Ein aggressives Schnurren gegenüber Feinden gebe es allerdings nicht, so die Tierärztin.
Auch bei Angst oder Schmerzen
Schließlich kann das Schnurren auch Schmerzen oder Angst bei dem Tier signalisieren. „Nicht immer ist Schnurren ein Indikator für Wohlbefinden. Katzen schnurren auch bei Angst, wenn sie Schmerzen haben oder wenn sie ihren Sozialpartner beschwichtigen wollen“, so Thiesen-Moussa. Da die Tiere gerne versuchen, Verletzungen und Schmerzen zu verstecken, sollten Halter hierauf besonders achten.
Ob Wohlbefinden, Schmerz oder Kommunikation: Für Menschen klingt das Geräusch immer sehr ähnlich und ist für sich alleinstehend nicht klar einzuordnen. Da die Gründe für das Schnurren so unterschiedlich sein können, ist es für Thiesen-Moussa wichtig, dass Halter immer das ganze Verhalten ihrer Katze beachten, bevor sie beginnen, etwas zu interpretieren. Schnurrt sie, während sie sich gerade mit entspannten Gesichtszügen gemütlich zusammenrollt oder gekrault wird, kann dies ein wohliges Schnurren sein. Verkrampft sie sich allerdings oder hat die Ohren zurückgelegt, deutet das auf Stress oder Schmerzen hin.
Schnurren als Therapie
Eine besondere Eigenschaft des Schnurrens ergibt sich außerdem aus der Frequenz. Katzen können mit ihrem Schnurren Frequenzen von 20 bis 30 Hertz erzeugen, während tiefe menschliche Stimmen erst bei rund 100 Hertz beginnen. Das Schnurren löst dabei Vibrationen im Körper aus, die die Muskulatur stimulieren und womöglich bei der Heilung von verletzten Knochen und Gelenken unterstützen können. Bei Schmerzen dient das Schnurren daher weniger der Kommunikation, sondern die Katze versucht, sich selbst zu beruhigen und ihrem Körper bei der Genesung zu helfen.
Im Zusammenleben mit Menschen haben Katzen sich angewöhnt, ihr Schnurren zur Kommunikation einzusetzen. „Grundsätzlich ergeben sich da die gleichen Gründe für das Schnurren wie mit ihren Artgenossen: Katzen drücken also auch uns gegenüber ihr Wohlbefinden, ihre Zuneigung, aber auch Schmerzen oder Angst aus“, so die Tierärztin. „Darüber hinaus kann es aber auch antrainiert sein: Hat eine Katze einmal als Reaktion auf ihr Schnurren ein Leckerli bekommen, dann wird sie diese Taktik vermutlich wieder ausprobieren.“
Auf Menschen hat das Schnurren durch die tiefen Töne eine beruhigende Wirkung und kann bei der Entspannung und beim Stressabbau helfen. Außerdem verbinden viele Menschen mit dem Geräusch positive Emotionen und bauen eine starke Verbundenheit mit ihrem Tier auf, wenn es sich schnurrend ankuschelt.
Eine Frage des Charakters
Wie viel eine Katze schnurrt, hängt letztlich aber auch von ihrem individuellen Charakter ab. Manche Katzen sind nicht besonders kommunikationsfreudig und bleiben lieber für sich oder drücken ihre Zuneigung ganz ohne Schnurren aus. Halter lernen das mit der Zeit und können es entsprechend einschätzen. Ändert eine Katze ihr Verhalten aber von einem Tag auf den anderen, hört also auf einmal auf mit dem Schnurren oder fängt damit an, sollten Halter das genau beobachten.
Im Gegensatz zu Krankheitssymptomen wie Durchfall oder Appetitlosigkeit handelt es sich um kein eindeutiges Symptom, wenn eine Katze plötzlich nicht mehr schnurrt. Es könnte aber ein erstes Anzeichen dafür sein, dass etwas nicht stimmt. Dann gilt es auf weitere Merkmale zu achten, etwa ob sie weitere Verhaltensauffälligkeiten zeigt oder ob bei der Überprüfung eine Verletzung auffällt.