Chance oder Gefahr?__Hilfe, mein Kunde „barft“

Der Futterkauf ist der „Kitt“, der einen Kunden an seine Bezugsquelle bindet. Steigt ein Hundehalter von Trocken- oder Nassfutter auf BARF (Biologisch artgerechtes rohes Futter) um, kann er dem Zoofachhandel gänzlich verloren gehen. Dies ist umso schmerzlicher, da „Barfer“ in der Regel zu den ausgabefreudigsten Kunden zählen. Zu wissen, wie diese Hundehalter „ticken“ kann helfen, sie auch weiterhin fest an sich zu binden. 

An dieser Stelle soll es nicht um den „Sinn“ oder „Unsinn“ der Frischfleischfütterung gehen, sondern ausschließlich um pragmatische Ansätze, wie der Zoofachhandel solche Kunden behalten kann. Denn eins ist klar: Steigt ein Hundehalter auf BARF um, kann sich sein Einkaufsverhalten so weit ändern, dass er überhaupt nicht mehr oder nur noch sehr selten im Zoofachhandel, sondern beim Metzger, im Lebensmittelhandel oder im Internet kauft. Dann entfallen nicht nur die bisher mit diesem Kunden erzielten Umsätze im Bereich Fertigfutter, sondern auch beim Zubehör. Der Markreport „Fresh Pet Food in North America” geht für rohe/gefrorene Heimtierernährung von einem jährlichen Wachstum von 23 Prozent aus (www.packagedfacts.com/landing/petsinternational.asp). Eine (nicht repräsentative) Umfrage in einem Internet-Forum für Hundefreunde ergab einen Anteil von knapp 20 Prozent der Hundehalter, die nach der BARF-Methode füttern.

Wichtig ist zunächst einmal, Anhänger der BARF-Methode nicht belehren zu wollen und vor allem nicht ablehnend zu behandeln. Man kann ruhig davon ausgehen, dass sich ein barfender Hundehalter seine Entscheidung gut überlegt hat, alle Gegenargumente kennt und sich nicht umstimmen lassen wird. Offen ist er dagegen für Zusatzprodukte im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel. Ihm hier eine gute Auswahl zu bieten, ist als Mittel der Kundenbindung Erfolg versprechender als ihn zurück zum Fertigfutter bekehren zu wollen.

Ein Ansatz ist natürlich, selbst gefrostetes Frischfleisch anzubieten. Die Fütterung von Tiefkühlfleisch, wie es von Frostfutterherstellern angeboten wird, kombiniert mit industriell hergestellten Getreide- und Gemüseflocken ist die einfachste BARF-Methode. Doch auch für Kunden, die ihr Frischfleisch vom Metzger oder gefrostet (z.B. über Internet-Shops) beziehen, hat der Zoofachhandel mehr als nur Getreide-/Gemüseflocken anzubieten und sollte dies entsprechend offensiv tun. Die Industrie hat zahlreiche Mix-Produkte entwickelt, die sich ausdrücklich für eine BARF-Diät eignen. Für Hundehalter, die Getreide gänzlich ablehnen, sind statt Flocken oder andren Mix-Produkten sogar gefriergetrocknete, roh gefrostete Gemüse-/Kräutermischungen erhältlich.

Besonders interessiert sind barfende Hundehalter an Nahrungsergänzungsmitteln. Zusätze wie Öle, Kräuter, Vitamine, Algen (Spirulina) und Mineralien können dem Futter zugegeben werden. Wichtig ist eine ausreichende Kalziumversorgung. Sie kann über die Gabe roher Knochen erfolgen oder durch Kalziumcitrat. Da einige in der Rohkost erhältliche Vitamine fettlöslich sind, sind Öle wie Fischöl, Distelöl, Olivenöl, Leinsamenöl, Borretschöl, Nachtkerzenöl nötig. Sie sollen abwechselnd gegeben werden. Lebertran ist besonders im Winter gefragt. Weitere Zusätze, die von barfenden Hundehaltern nachgefragt werden, sind Grünlippenmuschelextrakt und andere Nahrungsergänzungsmittel, wie sie für Haut/Fell, Gelenke etc. angeboten werden und bereits heute zum Standardsortiment im Zoofachhandel gehören.

Industrie und Zoofachhandel sind grundsätzlich auf barfende Kunden eingestellt – sie müssen es allerdings offensiv zeigen, z.B. durch eine entsprechende Bedarfsbündelung bei der Präsentation. vg

aus zza 12/2008