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Heimtierbranche__„Hohes Investoren-Interesse“

Ein wachsender, krisenresistenter Markt mit viel Innovationspotenzial – die Heimtierbranche rückt immer stärker in den Fokus von Investoren. Viktor Meier von der Beratungsgesellschaft Pava Partners, Spin-off des Investmentbanking-Geschäfts von TD Cowen, schildert, wie Anleger den Pet-Markt betrachten.

zza: Warum interessieren sich Investmentfonds zunehmend für Firmen der Heimtierbranche?

Viktor Meier: Merger and Acquisitions ist ein Thema, das in den letzten zehn bis 15 Jahren in der Heimtierbranche massiv angezogen hat. Die Branche hat an Professionalität und Bedeutung für Investoren gewonnen, weil sie vieles abdeckt, was Investoren spannend finden, zum Beispiel hohes Margenpotenzial. Durch den stärkeren Premium-Fokus bei Futtermitteln werden dort heute zum Teil höhere Margen erzielt als im Human-Food-Bereich. Außerdem gibt es ein rasantes Marktwachstum, vor allem in bestimmten Nischen. Und es gibt viele neue Spieler, die gute Chancen haben, im Markt Fuß zu fassen. In den letzten Jahren haben sich viele Unternehmen weiterentwickelt und eine signifikante Größe erreicht. Das ist wichtig, denn für die meisten professionellen Finanzinvestoren und Private Equity-Spieler braucht es eine Unternehmens-Mindestgröße, um investieren zu können.

Sie bereiten Firmenübernahmen und Akquise-Verhandlungen für Ihre Kunden vor. Wie ist Ihre Herangehensweise für eine Transaktionen?

Das ist sehr stark abhängig vom einzelnen Case. Grundsätzlich ist eine M&A-Transaktion ein langes Projekt – mindestens sechs Monate vom Start bis zum Abschluss; durch die makroökonomischen Krisen und das Zinsumfeld ziehen sich die Transaktionen mittlerweile teilweise sogar noch länger – zwischen neun und zwölf Monaten. In aller Regel möchte man erst einmal verstehen, was die Zielsetzung der Gesellschafter des Unternehmens ist. Ob es sich zum Beispiel um eine Nachfolgeregelung handelt. Dazu muss man schauen, wie man das Unternehmen aufstellt und wie man die Equity-Story vorbereitet, also die Verkaufsstory, um den richtigen Partner zu finden. Im Fall einer Nachfolgeregelung ist dies oft ein strategischer Investor oder ein Finanzinvestor, der die Management- Kapazitäten mitbringt, um das Unternehmen weiterzuentwickeln. Bei einem Wachstumsunternehmen möchte man mit einem externen Investor das Wachstum beschleunigen. Häufig möchte man eine Plattform bauen, an die man eventuell auch andere Unternehmen andocken kann. Grundsätzlich nimmt man sich am Anfang in der Regel ein bis zwei Monate Zeit, um die Stärken des Unternehmens herauszustellen. In Ausnahmefällen nimmt man sich für die Vorbereitungsphase auch mehrere Monate, wenn dies Sinn ergibt, um den Wert im späteren Prozess zu maximieren. Man schaut, wie das Unternehmen am besten am Markt positioniert werden kann und wer die geeigneten Investoren sind. Dazu werden Verkaufsunterlagen vorbereitet, mit denen man in einen strukturierten Auktionsprozess geht. Mit einem anonymisierten Dokument prüfen wir dann erstmal das grundsätzliche Interesse. Dann besprechen wir den Case auf Basis des Verkaufsprospekts und fragen ab, wie Investoren das Unternehmen bewerten würden. Im Vergleich zu anderen Consumer-Segmenten – zum Beispiel Fashion oder Möbel – gibt es im Pet-Bereich ein überdurchschnittlich hohes Investoreninteresse.

In den kommenden Jahren werden viele Unternehmensgründer in den Ruhestand gehen. Wird es dann eine Übernahme-Welle geben?

Gerade diese Nachfolge-Themen sind spannende Opportunitäten für Finanzinvestoren. In der Regel ist dies ein Segment, wo man sehr gut externes Management einsetzen kann. Ich glaube, wir werden im europäischen Markt eine ähnliche Entwicklung sehen wie im US-Markt. Dort gibt es bereits diverse Search-Funds, also Fonds, die direkt mit einem Management starten und einen Übernahme-Kandidaten suchen, bei dem es genau um das Thema Nachfolge geht. In Europa ist die Branche wahnsinnig interessant, weil man auf einem sehr guten Fundament aufbauen kann. Man hat oftmals eine starke Marke, man hat eine gute, enge, wir sagen eine „sticky“ Kundenbasis. Deswegen glaube ich, dass es sehr viele weitere Übernahmen geben wird. Und ich glaube, wir werden in den nächsten Jahren auch vermehrt Börsengänge in diesem Bereich erleben.

Sind Sie auch nach der Übernahme noch involviert?

Als Berater für eine M&A-Transaktion sind wir grundsätzlich nur auf das Transaktionsprojekt mandatiert. Aber oft ist es so, dass wir in der Phase der Post-Merger-Integration noch weiter betreuen, zum Beispiel beim Aufbau der Reporting-Strukturen. Finanz-Investoren sind in der Regel Erwerber auf Zeit, das heißt, drei bis fünf Jahre später wird es eine weitere Transaktion geben. Bei einem Plattform-Investment wiederum sollen weitere Firmen zugekauft werden. Dann unterstützen wir oft nach dem Sell-Side-Mandat auch beim Zukauf weiterer Unternehmen.

Besteht die Gefahr, dass durch Investorenbeteiligungen der Charme der Branche verloren geht?

Offen gesagt ist dies durch die Professionalisierung und das stärkere Auftreten von Finanzinvestoren wahrscheinlich so. Knapp 70 Prozent aller Transaktionen im Heimtierumfeld werden inzwischen durch Finanzinvestoren durchgeführt; davor waren es 90 Prozent strategische Investoren. Ich glaube aber trotzdem, dass auch die Familienunternehmen weiter bestehen werden. Es gibt immer Unternehmer, die sagen, sie werden nie verkaufen, sondern das Unternehmen stets an die nächste Generation weitergeben. Und auch die können sich weiterhin gut im Markt behaupten, wenn sie die richtigen Produkte haben und die richtigen Services anbieten. Sie werden weiterhin ihren Platz finden. Ich glaube aber auch, dass es in zehn Jahren weniger Familienunternehmen in der Branche geben wird im Vergleich zu heute.

Ein Unternehmer möchte in fünf Jahren verkaufen. Was sollte er bis dahin tun, um möglichst interessant zu werden?

Wichtig ist es, einen sehr guten Blick auf die eigenen Zahlen zu haben. Bei mittelständischen Unternehmen ist das Zahlenverständnis oft nicht so ausgeprägt. Man betrachtet die Gewinn- und Verlust-Rechnung, man weiß, wie viel Umsatz und wie viel Profit man macht, aber man steuert oft nicht nach wesentlichen KPIs. Deshalb ist es zunächst einmal wichtig, ein vernünftiges Reporting-System aufzustellen. Das steigert den Wert deutlich. Wenn es um das Thema Nachfolge geht, sollte man diese schon vorbereitet haben. Also eine zweite Ebene im Unternehmen etablieren, wenn man selbst rausgehen möchte. Denn für die meisten Investoren ist es immer mit einem gewissen Risiko verbunden, wenn man externes Management reinbringen muss. Ich glaube, für spannende Unternehmen und für gute Marken wird es weiterhin zweistellige Ebitda-Multiples geben. Das ist die wesentliche Kenngröße, die man als Multiplikator bei einer Transaktion betrachtet. Es gab in der Branche zu Corona-Zeiten teilweise schon Multiplikatoren, die zwischen 15 und 25 mal Ebitda lagen, und damit in einer ähnlichen Größenordnung zu der Software-Branche. Das hat sich aber wieder normalisiert. Transaktionen mit Fremdkapital zu finanzieren ist heute schwieriger und deutlich teurer geworden.


Sabine Gierok