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Katzenwunder - Geburt trotz Sterilisation

In der Medizin gibt es immer wieder scheinbare Wunder. Besonders auch in der Veterinärmedizin und dort vor allem bei Katzen. Der folgende Vorfall erschien mir zunächst echt wunderbar: Eine Geburt bei einer Katze trotz Sterilisation  - wie konnte das sein?

von Dr. Rolf Spangenberg

Zur Erläuterung: Unter Kastration versteht man die Entfernung der Keimdrüsen, also der Eierstöcke oder Hoden. Damit ist der betreffende Patient sexuell neutral.

Bei einer Sterilisation werden die Eileiter oder Samenstränge durchtrennt. Dadurch kann das Männchen nicht mehr befruchten, das Weibchen keinen Nachwuchs mehr bekommen – sie bleiben aber sexuell voll aktiv. Kätzinnen suchen also mit dem üblichen Geschrei die Kater auf, Kater gehen weiterhin „auf Tour“.

Sterilisatin eher selten

Eine Sterilisation wird bei Katzen selten verlangt. Aber gelegentlich habe ich auch Kätzinnen auf Wunsch der Besitzer sterilisiert. So bei einem tierfreundlichen Ehepaar in Ingelheim. Kunstgerecht durchtrennte ich beide Eileiter mit den dazu gehörigen Blutgefäßen. Alles verheilte problemlos.

Nach rund 60 Tagen klingelte bei uns das Telefon, meine damals achtjährige Tochter hob ab, nahm das Gespräch entgegen und notierte die Nachricht ordentlich auf dem Block. Ich las später erstaunt, dass Familie Meyer angerufen habe. Die von mir sterilisierte Katze stünde kurz vor einer Geburt.

Eine medizinische Erklärung für das „Wunder“

Am nächsten Tage rief ich dort an und sagte lachend, das sei nun leider unmöglich. Sterilisierte Katzen bekämen keinen Nachwuchs mehr! Die Antwort war höflich: „Wir freuen uns ja so, unsere Mimi hat noch einmal zwei süße Kinderchen bekommen!“ Dagegen kann man schlecht anargumentieren!

Für das vermeintliche Katzenwunder gibt es aber doch eine medizinische Erklärung: In der Gebärmutter der Katze hatten sich zum Zeitpunkt der Sterilisation bereits zwei befruchtete Eier eingenistet. Die Blutversorgung der Gebärmutter erfolgt von zwei Seiten her. Die einseitige Versorgung reichte offensichtlich aus, um die beiden Kätzchen zu ernähren.

Unter uns: Ich hätte nicht geglaubt, dass dies möglich wäre. Doch da ich selber die OP durchgeführt hatte, gab es ja keine andere Möglichkeit…