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Kleinkinder und Hunde

Versteht der Hund, dass das Kind in der Hierarchie über ihm steht, werden sie auch gute Spielkameraden.

Hunde sind kluge Tiere und haben ein untrügliches Gefühl dafür, wer zu ihrer Familie/ihrem Rudel gehört und wer nicht. Kommt ein Baby in die Familie, ist das für den Hund eine neue Situation, die er zunächst nicht einschätzen kann. Vor allem wenn der Nachwuchs beginnt herumzukrabbeln müssen Hundehalter wachsam sein.

von Dr. Rolf Spangenberg

Der Nobelpreisträger Konrad Lorenz sagte einmal, dass ein Familienhund unmöglich ein Familienmitglied, also auch ein Kind, mit Absicht verletzen würde. Das stimmt in dieser Ausschließlichkeit nun leider nicht, wie zahlreiche Unfälle beweisen. Wie kann es dazu kommen, dass ein friedlicher Hund ein Kind beißt? Um das zu verstehen, muss man sich in die Gedankenwelt des Hundes hineinversetzen.

Wird in der Familie ein Baby erwartet, herrscht allgemein Vorfreude. Die überträgt sich auch auf den Hund, obwohl er natürlich nicht wissen kann, worum es genau geht. Doch die frohe Erwartung überträgt sich auf ihn. Ist das Baby dann auf der Welt, merkt er gleich, dass es allgemein Freude bereitet und geliebt wird. Für ihn ist es allerdings noch kein Mensch, sondern ein angenehm riechender „Gegenstand“, der zur Familie gehört. Wenn man ihm klarmacht, dass er deswegen keineswegs schlechter als bisher behandelt wird und ihm das Baby zeigt, wird er es ebenfalls lieben. Es ist sinnvoll, den Vierbeiner beim Füttern und Windelnwechseln zuschauen zu lassen. Auch bei Ausfahrten wird er gern dabei sein und das Baby sorgsam bewachen und notfalls sogar gegen Fremde verteidigen. Doch wie soll er es einordnen? Kein Mensch, kein Hund, keine Katze, nichts was ihm irgendetwas wegnimmt oder streitig macht.

Wenn das Baby anfängt zu krabbeln

Das ändert sich allerdings schlagartig, wenn der neue Erdenbürger anfängt herumzukrabbeln. Das ist für den Hund eine äußerst verwirrende und ängstigende Situation. Wie soll er sich verhalten? Sicherheitshalber wird erst einmal geknurrt und wenn keine Reaktion erfolgt auch gebissen. Der Hund will seine hierarchische Stellung in der Familie nicht gefährden. Ganz böse wird er, wenn sich der Krabbler etwa seinem Futternapf oder der Lagerstätte nähert. Bei guten Bekannten biss der friedliche Familienhund ihr kleines Töchterchen in den Hals (!), weil es sich seinem Napf genähert hatte.

Ganz klar, derartige Situationen darf man nicht dulden. Also die grundsätzliche Forderung: Kind und Hund nie unbeobachtet spielen lassen. Zur Vorbeuge wird empfohlen das Kind in Begleitung eines Erwachsenen den Hund füttern zu lassen, es kurz in seine Lagerstatt zu setzen und ihm zu erlauben, den Hund sanft (!) zu bürsten oder kämmen. Dies natürlich mit größter Vorsicht und bei jedem Knurren den Hund scharf anrufen.

Weltsicht des Hundes klarstellen

Wird das korrekt und für den Hund verständlich praktiziert, wird er erkennen, dass dieses kleine Wesen in der Hierarchie über ihm steht. Alles andere wäre eine tickende Zeitbombe. Als Rudeltier akzeptiert er das und seine Weltsicht ist wieder klargestellt.

Es bleibt die Forderung, Kinder und Hunde nie allein spielen zu lassen, um schreckliche Unglücke zu vermeiden. Klar muss sein, dass der Hund nicht „böse“ handelt, sondern seinen Instinkten folgt. Bei guter Erziehung werden Kinder und Hund bald eine fröhliche Spielgemeinschaft werden!