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„Tierisch politisch“__Politik und Branche diskutieren in Berlin

Diskussion über das Tierwohl (v. l.): Ariane Kari (Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung), Dr. Gero Hocker (MdB), Antje Schreiber (ZZF), Dr. Holger Vogel (BbT) und Gordon Bonnet (ZZF). Foto: WZF/Marco Urban

Ganz nah dran an der Bundespolitik: Der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe hat in Berlin zum Parlamentarischen Abend geladen und Abgeordnete und Branchenvertreter waren gekommen, um gemeinsam über Themen rund um Tierwohl und Branche zu diskutieren.

Am vergangenen Dienstagabend drehte sich am Ufer der Spree alles um Heimtiere und die Heimtierbranche. Der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) hatte Bundestagsabgeordnete und andere Akteure des politischen Berlins in die Räume der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft eingeladen. Unter dem Motto „Tierisch politisch“ wurde an diesem Abend darüber diskutiert, wie das Wohl der Heimtiere in Deutschland weiter verbessert werden kann.

Schirmherr der Veranstaltung war der landwirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Gero Hocker. Hocker machte in seinem Grußwort auf die gesellschaftliche Bedeutung der Heimtiere aufmerksam, etwa weil sie ein sozialer Anker für ältere, vereinsamte Menschen sein können oder urbane Menschen an die Natur heranführen. „Wir müssen darauf achten, dass nicht andere die Deutungshoheit gewinnen“, sagte Hocker im Hinblick auf jene Stimmen, die die Heimtierhaltung ablehnen.

Anpassung statt Verbote

„Erreichen wir mehr Tierwohl durch mehr Verbote?“, fragte ZZF-Präsident Norbert Holthenrich daher vor dem Hintergrund der politischen Diskussion über Positivlisten in Berlin und Brüssel. Statt weiterer Verbote forderte er eine Anpassung der bestehenden Gesetze, die eine gute Grundlage für den Vollzug der Kontrolle des Tierwohls böten. Holthenrich stellte die Leistungen der Unternehmen der Heimtierbranche vor, etwa die Rolle des Zoofachhandels bei der Vermittlung von Wissen rund um die Heimtiere. „Heimtierhaltung, Tierwohl und professionelles Wirtschaften schließen sich nicht aus“, sagte er.

Beim Parlamentarischen Abend mit dabei war auch die Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung, Ariane Kari. Ihre Rede war von vielen mit Spannung erwartet worden, ist sie doch eine wichtige Impulsgeberin für die Regierung bezüglich der gesetzlichen Rahmenbedingungen der Heimtierhaltung und der Heimtierbranche. Kari sagte, sie sehe Handlungsbedarf in jeglicher Umgangsform von Menschen mit Tieren.

Empathie und Verantwortungsbewusstsein

In einer Diskussionsrunde unter dem Titel „Mehr Tierwohl ohne Verbote – geht das?“ stellten sich dann Kari, Hocker, der Präsident des Bundesverbandes der beamteten Tierärzte (BbT) Dr. Holger Vogel sowie ZZF-Geschäftsführer Gordon Bonnet den Fragen der ZZF-Kommunikationsleiterin und Moderatorin Antje Schreiber. Schreiber wollte zum Beispiel wissen, wie es ganz allgemein den Heimtieren in Deutschland gehe. Der Tierarzt Vogel antwortete, dass Empathie, Verantwortungsbewusstsein und Sachkunde unter Haltern in unterschiedlichem Maße ausgeprägt seien.

Die Tierschutzbeauftragte Kari vertrat die Position, dass ein Sachkundenachweis für Heimtierhalter eine Möglichkeit ist, die diskutiert werden müsse. Hocker lehnte das ab, fürchtet er doch, dass so vielleicht der Wille zur Verantwortung schwinden könnte. Statt Hürden wie einen Sachkundenachweis für jeden Tierhalter möchte er – ganz Liberaler – lieber die Menschen ermutigen, sich der Verantwortung bewusst zu sein und das notwendige Wissen anzueignen. ZZF-Geschäftsführer Bonnet sieht die Gefahr, mit der Einführung eines Sachkundenachweises ein bürokratisches Monster zu schaffen.

Die Rolle des Zoofachhandels

Ein Szenario, dass auch der Veterinär Vogel so sieht. Behörden könnten die Abwicklung eines solchen Nachweises gar nicht stemmen, sagte er. Der BbT-Präsident brach eine Lanze für den Zoofachhandel, der eine Kontrollfunktion bei Tier- und Wissensvermittlung übernehmen könne. Auch Gero Hocker hält die Rolle des Zoofachhandels für entscheidend. Dies sei der Flaschenhals für die Vermittlung der Sachkunde, weshalb er den Zoofachhandel stärken möchte.

Eine Positivliste für die Heimtierhaltung lehnen Hocker, Vogel und Bonnet entschieden ab; Kari blieb in dieser Frage zurückhaltend. Die tierschutzpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Luiza Licina-Bode positionierte sich mit ihrem Statement aus dem Publikum klar gegen eine Positivliste. Zoe Mayer von Bündnis90/Die Grünen brachte ihren Vorschlag einer „abgestuften Positivliste“ ins Spiel, die sie an die jeweilige Sachkunde des Halters knüpfen möchte.

Kreative Ideen gefragt

Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer darüber, dass Branche, Politik und Gesellschaft kreative Ideen brauchen, um die Sachkunde der Heimtierhalter effektiv zu fördern – Ideen, die zu Verantwortungsbewusstsein motivieren, statt bestimmte Menschen von der Heimtierhaltung auszuschließen.

Abschließend gab der ZZF noch das Ergebnis der Wahl zum „Heimtier des Jahres 2024“ bekannt. Gewonnen hat der Zebraharnischwels. Politiker, Unternehmer und Verbandsvertreter ließen schließlich den Abend bei einem gemeinsamen Essen und Gesprächen ausklingen.

Dominic Heitz