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Upcycling__Sie stehen auf den Schlauch

Das Kölner Unternehmen Feuerwear stellt Taschen, Rucksäcke und andere Accessoires aus alten Feuerwehrschläuchen her. Die Idee hierfür kam dem Firmengründer während einer Autofahrt. Jetzt hat Feuerwear auch ein Hundehalsband auf den Markt gebracht.

Manchmal breitet sich ganz unvermittelt eine Idee vor unserem geistigen Auge aus. Oder aber, um ein Bild zu nutzen: Sie entrollt sich vor uns wie ein Schlauch. Ein Feuerwehrschlauch zum Beispiel. So ungefähr muss es Martin Klüsener vor etwa 20 Jahren ergangen sein. Mit einem Studienabschluss im Fach Bekleidungstechnik war er auf der Suche nach einer Geschäftsidee.

Für seine Abschlussarbeit hatte er sich mit dem Thema „Upcycling“ beschäftigt, also mit dem Wiederverwerten von Abfallstoffen, die dann zu neuen, höherwertigen Produkten verarbeitet werden. In der Garage seiner Eltern fand er ein altes Surfsegel und überlegte sich, was er daraus schneidern könnte. Allerdings gab es ein Problem: Woher dann die weiteren Segel bekommen, die vielleicht in unbekannten Garagen schlummerten? An ein geregeltes Beschaffungswesen für größere Stückzahlen war so nicht zu denken.

Riesige Bestände, super Qualität

Während einer Autofahrt kamen ihm dann alte Feuerwehrschläuche in den Sinn. Da wusste er zumindest schon mal gleich, wo er fragen muss, um sie zu kaufen. Bei Feuerwehrschläuchen sei es so, erklärt Martin Klüsener, dass sie nach jedem Einsatz gereinigt und überprüft werden. Werde dann auch nur der kleinste Makel festgestellt, werden sie ersetzt und entsorgt. In jeder Feuerwache gebe es Bestände, die darauf warten, weggeworfen zu werden. Als Klüsener in den mittleren Nullerjahren mit der Idee schwanger ging, wurde ihm schnell klar: Da gibt es reichlich Material. 2005 gründete er das Unternehmen, zwei Jahre später stieg Bruder Robert mit in die Firma ein.

Solche Feuerwehrschläuche als Ausgangsmaterial haben einen weiteren Vorteil: „Da denkt jeder gleich, dass es super ist, weil es ja so großen Belastungen standhalten muss“, sagt Klüsener. Diese Qualität sei Teil des Markenkerns, setze damit allerdings auch die Standards für alle anderen eingesetzten Materialien, die darüber hinaus auch noch möglichst recycelt sein sollen.

Die Suche nach dem Hebel

Los ging es damals mit einer Umhängetasche. Heute bietet das Unternehmen auch Rucksäcke, Portmonees, Blumentöpfe, Gürtel und neuerdings eben auch Hundehalsbänder. Der Clou an allen Produkten ist, dass es sich jeweils um Unikate handelt, weil jeder benutzte Schlauch andere Gebrauchsspuren oder Bedruckungen aufweist. Kaufen kann man sie über den Online-Shop des Kölner Unternehmens oder bei einem der 130 Einzelhandelspartner. Die Hundehalsbänder würde Klüsener auch gern über den Zoofachhandel verkaufen.

Mittlerweile hat das Unternehmen elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gefertigt wird in Serbien, die Distribution übernimmt ein Dienstleister aus Garching. In diesem Jahr rechnet Klüsener mit einem Absatz von bis zu 70.000 Stück quer durch das Portfolio. „Wir suchen den nächsten großen Hebel“, sagt er. Schläuche gebe es mehr als ausreichend. Über ein weitverzweigtes Netzwerk sei der Nachschub gesichert. Derzeit warten bei Feuerwear rund 50 Kilometer Schlauch auf ihr aufgewertetes Leben als neues Produkt.

Dominic Heitz