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Experten-Tipps für Vogelhaltung draußen__„Außenhaltung ist sinnvolle Alternative“

Foto: Susann Thonfeld/Pixabay

Professor Michael Pees ist Direktor der Klinik für Heimtiere, Reptilien und Vögel der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Im zza-Interview spricht er über mögliche Infektionsgefahren in Außenvolieren und wie Halter ihre Tiere schützen können.

zza: Herr Professor Pees, welche Vögel werden vorrangig in deutschen Außenvolieren gehalten?
Professor Michael Pees: Abseits der Greifvögel sind es die drei großen Gruppen der Papageienartigen, der Finkenvögel sowie Wachteln und Geflügel.

zza: Kommen die alle gut mit dem Wetter zurecht bei uns?
Pees: Für die allermeisten kann man das ganz gut abbilden. Natürlich muss man bedenken, wo die Tiere herkommen. Entsprechend muss man auch das Habitat abbilden. Beispielsweise kann auch ein Papageienvogel aus tropischem Klima im Winter oft in einer geschützten Außenvoliere gehalten werden. Entscheidend ist, wie die Voliere aufgebaut ist. Eine Wintervoliere muss Richtung Süden, Südosten zeigen, damit die Tiere ausreichend Sonne bekommen. Sie darf nicht verschattet stehen und braucht immer auch ein Schutzhaus mit einer Mindesttemperatur von in der Regel fünf Grad. Da kann dann auch das Wasser nicht gefrieren und die Tiere können sich dorthin zurückziehen. Im Winter muss man etwas mehr aufpassen, aber dann ist Außenhaltung grundsätzlich eine sinnvolle Alternative.

zza: Welchen möglichen Einfluss hat eine Vogelgrippewelle auf Ziervögel, die im Freien in Volieren gehalten werden?
Pees: Wenn wir von Ziergeflügel mal absehen, sind die meisten Ziervögel, die wir haben, relativ wenig empfänglich für das Influenza-Virus und die Vogelgrippe. Auszuschließen ist es natürlich trotzdem nicht. Wir hatten 2006 ja eine richtige Panik, als Papageienvögel ausgesetzt wurden, weil die Leute Angst hatten, dass die die Vogelgrippe einschleppen. Dazu gibt es tatsächlich aber fast keine Berichte. Die Gefahr durch die Vogelgrippe ist für die klassischen Volierenvögel sehr gering.

zza: Wie kann man grundsätzlich das Infektionsrisiko für Ziervögel am besten reduzieren?
Pees: Mindestens ein Großteil der Voliere sollte überdacht sein, das ist eigentlich ein Muss. Dann können Wildvögel nicht auf der Voliere landen. Das passiert sonst aber sehr wahrscheinlich, weil es in der Voliere Futter gibt, das die Wildvögel anlockt. Wenn die Wildvögel dann in die Voliere koten, was sie natürlich von oben machen, können Infektionserreger so in die Behausung eingetragen werden. Ich empfehle auch immer, dass man die Voliere doppelmaschig aufbaut, das heißt mit zwei Gitterreihen. Das ist auch eine Sicherheitsfrage: Zum einen können die Vögel außen und innen nicht in direkten Kontakt kommen. Zum anderen sind Beutegreifer wie Katzen, Marder oder Waschbären so nicht in der Lage, die Vögel in der Voliere zu verletzen.

zza: Welche anderen möglichen Probleme sind mit dem Aufenthalt von Ziervögeln in Volieren im Freien verbunden, etwa durch Verunreinigung des Futters durch den Besuch von Wildvögeln oder Nagern?
Pees: Wir haben die Probleme mit extremem Wetter wie Sturm, Frost oder auch Hitze, wenn die Tiere nicht in den Schatten ausweichen können. Dann gibt es wie gesagt die Gefahr durch Beutegreifer und letztendlich auch die Möglichkeit des Eintrags von Infektionserregern. Das Risiko ist sicherlich draußen größer als drinnen, aber insgesamt dennoch überschaubar. Das hängt auch von der Spezies ab. Wir haben bestimmte Infektionserkrankungen, bei denen eine Infektion nicht ausgeschlossen ist, gerade auch, wenn sie über Mücken übertragen werden.

zza: Welche hygienischen Probleme können sich mit der Fütterung im Freien durch nasses und zu lang angebotenes Futter ergeben?
Pees: Das Futter kann von Pilzen befallen werden, wenngleich die Gefahr hierfür vielleicht sogar noch größer ist, wenn das Futter drinnen ist. Draußen gibt es in der Regel einen guten Luftaustausch, also viel Frischluft. Wir haben keine so hohen Temperaturen, die ein extremes Hefe- oder Schimmelpilzwachstum begünstigen. Entscheidend ist die Lagerung des Futters. Es muss trocken und vor Schadnagern geschützt gelagert werden. Dann gelten die gleichen hygienischen Regeln wie auch drinnen, dass man das Futter regelmäßig wechselt und nur so viel Futter gegeben wird, wie auch im Tagesverlauf aufgenommen werden kann. Auf Obst zum Beispiel wachsen recht schnell Hefepilze. Man muss es also frisch halten. Wenn ich im Sommer Obst füttere, kann drinnen wie draußen bereits nach wenigen Stunden die Gärung beginnen. Das muss ich verhindern, indem ich Frischfutter gerade bei höheren Temperaturen nur stundenweise anbiete.

zza: Was passiert, wenn die Tiere solche Hefepilze aufnehmen?
Pees: Das ist ähnlich wie beim Menschen: Hefepilze an sich sind erstmal gar nicht so das Problem, die können wir verdauen, mit denen kommen wir zurecht. Aber wenn wir bereits eine Erkrankung haben oder es uns nicht so gut geht, kann das dazu führen, dass sich die Hefepilze im Magen-Darm-Trakt vermehren. Dann folgen klassische Verdauungsstörungen oder auch Durchfall. Beim Vogel kann es auch zu einer Kropf-Entzündung kommen, was wiederum dazu führt, das die Tiere Futter hochwürgen.

zza: Man hat in den letzten Jahren mehrfach vom Wildvogelsterben bei verschiedenen Gartenvögeln gehört. Was hat es damit auf sich und ist das auch ein Problem für die Ziervögel, die in Außenvolieren leben?
Pees: Jein. Es ist das Singvogelsterben, um das es hier geht. Das hat mehrere Ursachen: Eine vieldiskutierte Ursache ist die, dass die Zahl der Insekten draußen sinkt durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Wenn die Zahl der Insekten sinkt, sinkt natürlich auch die Zahl der Vögel, die sich von den Insekten ernähren. Das sehen wir bei den Singvögeln auf breiter Basis. Gleichzeitig gehen auch Lebensräume verloren. Spezifischer wird es bei bestimmten Viruserkrankungen. Noch ist es in Deutschland lokal, aber wir haben zunehmend Probleme mit dem Usutu-Virus, was gerade die Amselbestände sehr stark dezimiert. Das Usutu-Virus stammt aus Afrika und ist theoretisch auch für den Menschen gefährlich, auch wenn die Chance sehr gering ist. Dieses Virus breitet sich seit einigen Jahren in Deutschland aus. Finkenvögel sind dafür generell sehr empfänglich, also kann es auch bei entsprechenden Volieren-Vögeln ein Problem werden. Oder auch Chlamydien-Infektionen, die wir ja schon seit Jahrzehnten kennen. Solche bakterienartige Erreger können von Wildvögeln ausgehen und auch Volieren-Vögel anstecken. Es sind immer jene Erreger problematisch, die nicht wirtspezifisch sind, die also von Art zu Art übertragen werden können. Das sind vor allem Pilze und Bakterien.

zza: Welche Tipps können Sie Vogelhaltern hinsichtlich Fütterung und anderer Dinge noch geben, zum Beispiel in Hinblick auf die Jahreszeit?
Pees: Grundsätzlich glaube ich, dass die Außenhaltung noch gesünder für die Tiere ist, weil sie mehr mit ultraviolettem Licht in Kontakt kommen und weil sie frischere Luft haben. Darunter darf die Futterqualität natürlich nicht leiden. Zwei Tipps sind sicherlich wichtig: Das eine ist, breit zu füttern, was gerade im Winter nicht immer einfach ist. Das heißt, ausreichend Frischfutter und unterschiedliches Futter. Drinnen wie draußen ist es meistens sinnvoll, Ergänzungsfutter dazu zu füttern, um gewisse Defizite in der Vitamin- und Mineralstoffversorgung auszugleichen. Bei Volieren ist zudem die Vergesellschaftung sehr wichtig, das heißt, wie man die Tiere und Arten miteinander vergesellschaftet. Idealerweise ist nur eine Spezies in einer Voliere. Möchte ich aber verschiedene Arten zusammen halten, muss ich überlegen, ob sie in etwa aus den gleichen Habitaten kommen oder auch ob sie Revierverhalten zeigen, was gerade in der Brutzeit ein großes Problem sein kann. Dann können die Tiere auch aggressiv werden. Halter müssen sich die Frage stellen, wie die Arten generell miteinander auskommen. Man kann viele Papageien zum Beispiel nicht wirklich miteinander vergesellschaften. Nymphensittiche, Wellensittiche und Zebrafinken gehen relativ gut, auch Kanarien- und Finkenvögel kann man vergesellschaften. Man muss immer überlegen, wie aggressiv die Tiere gegebenenfalls gegeneinander werden, wie revierbetont. Und letztendlich auch, wie es hygienisch ist.

Dominic Heitz