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Neue Mehrwertsteuervorschriften für das Online-Shopping

Am 1. Juli sind in der Europäischen Union neue Mehrwertsteuervorschriften für das Online-Shopping in Kraft getreten. Dies stellt Online-Händler vor neue Herausforderungen. ZZF-Geschäftsführer Gordon Bonnet ordnet die Neuerungen ein.

Am 1. Juli sind in der Europäischen Union neue Mehrwertsteuervorschriften für das Online-Shopping in Kraft getreten. Dies stellt Online-Händler vor neue Herausforderungen. ZZF-Geschäftsführer Gordon Bonnet ordnet die Neuerungen ein.

Wer einen Onlineshop betreibt und an Privatkunden ins EU-Ausland Waren von insgesamt mehr als 10.000 Euro Nettowarenwert pro Kalenderjahr verkauft, ist seit dem 1.7.2021 in allen Ländern steuerpflichtig, in die er seine Waren geliefert hat. Bislang fiel im grenzüberschreitenden Online-Handel mit Verbrauchern in der EU grundsätzlich die Mehrwertsteuer im Inland an. Nur bei Überschreiten der von jedem EU-Mitgliedsstaat selbst festgelegten Netto-Umsatzlieferschwelle erfolgte eine Mehrwertbesteuerung im Zielland, für die man sich dort steuerrechtlich registrieren lassen musste. Diese deutlich höheren und je nach Land unterschiedlichen Lieferschwellen wurden nun abgeschafft. Infolgedessen müssen von nun an deutlich mehr Händler als bisher in anderen EU-Staaten Umsatzsteuer abführen. Der Verkauf von Waren an Unternehmen (B2B) bleibt weiterhin von der Umsatzsteuer befreit. Sonderregelungen gibt es für Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Sammlungsstücke, Antiquitäten und Fahrzeuge.

Anmelden für das One-Stop-Shop-Verfahren

Damit sich Online-Händler nicht in jedem Zielland einzeln registrieren müssen, wurde nun das One-Stop-Shop (OSS) Verfahren eingeführt, welches zentral die fälligen Mehrwertsteuern an die jeweiligen Mitgliedsstaaten verteilt. Hierfür muss man sich beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) mit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer seines Unternehmens anmelden: Das geht hier. Direkt zur Registrierung unter Elster geht es hier.

Nach der Anmeldung ist in jedem Quartal die Steuererklärung an das BZSt elektronisch zu übermitteln und die fälligen Steuern müssen für alle belieferten Zielländer fristgerecht entrichtet werden - also erstmalig am 31.10.2021. Zwar ist die Anmeldung für das OSS freiwillig, aber die Alternative besteht nur darin, sich in jedem Land einzeln zu registrieren - die Steuerpflicht bleibt und erkannte Verstöße werden geahndet.

Höchst unterschiedliche Mehrwertsteuersätze in den Zielländern

Doch welche Umsatzsteuern gelten für welche Waren im Zielland? Jedes EU-Land hat unterschiedliche Steuersätze: Regelsteuersätze, bis zu zwei ermäßigte Steuersätze und zahlreiche Ausnahmen. Wer also Produkte in andere EU-Länder versendet, muss sich über die jeweiligen Umsatzsteuersätze im Klaren sein.

  • Eine Übersicht über die allgemeinen Mehrwertsteuersätze in der EU findet sich hier
  • Die Datenbank "Taxes in Europe" listet die Mehwertsteuersätze auf, allerdings ist die Einreihung unter die Zolltarifnummern der Kombinierten Nomenklatur erforderlich. 
  • Hilfreich mag die vereinfachte Darstellung auf der Seite dieses kommerziellen Anbieters sein: Sie findet sich hier.

Problem korrekter Preisangaben

Außerdem stellt sich das Problem, wie im eigenen Online-Shop Preisangaben korrekt auszuweisen sind. § 1 Abs. 1 der Preisangabenverordnung schreibt vor, dass gegenüber Verbrauchern stets der Preis inklusive Umsatzsteuer (Bruttopreis) angegeben werden muss. Unzulässig ist es, nur den Preis ohne Mehrwertsteuer auszuweisen und Verbrauchern erst im Warenkorb den korrekten Nettopreis mit der Umsatzsteuer ihres Ziellandes anzuzeigen. Die Angabe des deutschen Gesamtpreises und die Darstellung einer EU-Preisliste erscheinen nicht rechtssicher. Es könnte als Irreführung der Verbraucher angesehen werden, wenn der Umsatzsteuersatz des Ziellandes höher ist als der deutsche. Dann würde für den Verbraucher ein höherer Preis gefordert, als in der Preisangabe ausgewiesen. Wird dies nicht korrekt dargestellt, ergibt sich die Gefahr einer kostspieligen Abmahnung durch einen Mitbewerber oder durch einen Abmahnverband.

Rechtskonform wäre eine dynamische Darstellung von Preisen mit einer Abfrageoption für jedes Lieferland. Wird das Lieferland ausgewählt, würde der Bruttopreis aus einheitlichem Netto plus jeweils geltendem Mehrwertsteuersatz angezeigt. Möglich wäre die Abfrage bei Shop-Aufruf oder eine zentrale Einstellungsschaltfläche, von welcher der Verbraucher auf sein Wunschlieferland wechseln kann.

Eine noch aufwändigere Alternative wäre es, "Subshops" in jedem Zielland einzurichten, wobei sich das Liefergebiet dann auf das jeweilige Zielland beschränkt. So oder so stellen sich - einmal mehr bei neuen Gesetzen - erhebliche Umsetzungsschwierigkeiten in der Praxis. Positiv zu bewerten ist allein, dass sich für Online-Händler, die Waren in Zielländer über den Wert der bisherigen Umsatzlieferschwellen hinaus verkauft haben, durch das OSS-Verfahren einige Vereinfachungen ergeben. Außerdem wird dem Mehrwertsteuerbetrug im Sinne eines fairen Handels vorgebeugt und der Fiskus darf sich über höhere Steuereinnahmen freuen.

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