Antibiotika-Verbot__Tierärztliche Behandlung bald gefährdet?

Aufgrund einer EU-Verordnung könnten bald eine ganze Reihe von Antibiotika zur Infektionsbehandlung bei Heimtieren nicht mehr zur Verfügung stehen. Foto: Pixabay

Die Europäische Union hat eine neue Verordnung über Tierarzneimittel erlassen, die ab dem 28. Januar 2022 in allen EU-Mitgliedsstaaten verbindlich anzuwenden ist. Dies könnte dazu führen, dass bestimmte Antibiotika zur Behandlung von Hunden, Katzen, Kaninchen oder Geckos nicht mehr zur Verfügung stünden. Die Bundestierärztekammer hat deshalb eine Unterschriftenkampagne gestartet, die auch der Zentralverband Zoologischer Fachgeschäfte unterstützt.  

Wesentliches Ziel der neuen EU-Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel ist, die Entstehung und Verbreitung von Antibiotikaresistenzen zu verhindern. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die EU-Kommission jetzt den Entwurf einer weiteren, nachgeordneten Verordnung vorgelegt. Darin sollen die Kriterien für die Bestimmung antimikrobieller Wirkstoffe festgelegt werden, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben sollen. 

Die im Entwurf dieser Verordnung enthaltenen Kriterien beruhen auf einem wissenschaftlichen Gutachten der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), das vom gemeinsamen Ausschuss von Human- und Gesundheitsexperten unter Mitwirkung international anerkannter Institutionen, u.a. der WHO, erstellt wurde. Die Kriterien sind sorgfältig ausgearbeitet und sehen auch weiterhin eine zielgerichtete Behandlung bakterieller Infektionen beim Tier vor. 

Nun wurde von einem Abgeordneten des Europäischen Parlaments ein Antrag eingebracht, in dem gefordert wird, den Entwurf dieser Verordnung so zu überarbeiten, dass die von der WHO als am allerwichtigsten eingestuften Antibiotika ausschließlich für die Verwendung beim Menschen reserviert werden. Darüber hinaus enthält der Antrag einen Vorschlag zur Änderung der übergeordneten Verordnung (EU) 2019/6, um Ausnahmeregelungen für die Einzeltierbehandlung zu ermöglichen. Das EU-Parlament wird Mitte September über diesen Antrag entscheiden. Er wurde bereits mit knapper Mehrheit vom parlamentarischen Ausschuss für Umwelt, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit angenommen. 

Was bedeutet dieser Antrag für die Behandlung der Tiere? 

Wenn diese nachgeordnete Verordnung, so wie im Änderungsantrag gefordert, jetzt überarbeitet wird, kommt es zu einem Verbot der Anwendung bestimmter antimikrobieller Wirkstoffgruppen am Tier. Eine ganze Reihe von Antibiotika stünde dann nicht mehr zur Behandlung von Tieren zur Verfügung: So könnten etwa Hunde, Katzen, Kaninchen oder Geckos bei einer schweren bakteriellen Infektion nicht mehr behandelt werden und müssten im schlimmsten Fall eingeschläfert werden. Für die im Antrag enthaltene Ausnahmeregelung, die die Behandlung einzelner Tiere mit den verbotenen Antibiotika ermöglichen soll, ist eine Änderung der übergeordneten Verordnung (EU) 2019/6 erforderlich. Verfahren zur Änderung von EU-Verordnungen sind sehr langwierig.

Selbst wenn die EU-Kommission einer entsprechenden Änderung zustimmen und den Prozess in Gang setzen würde, würde es voraussichtlich noch mehrere Jahre dauern, bis nach dem sofortigen Anwendungsverbot diese Ausnahme dann tatsächlich in Kraft tritt. Die Bundestierärztekammer ist aktiv geworden und setzt sich dafür ein, dass das Europäische Parlament den Antrag zur Änderung der Delegierten Verordnung ablehnt, unter anderem auch mit einer Unterschriften-Kampagne und einer Online-Petition. Der ZZF unterstützt diese Forderungen: ZZF-Geschäftsführer Gordon Bonnet hat Kontakt zu EU-Abgeordneten aufgenommen und den Präsidenten der Bundestierärztekammer über die ZZF-Aktivitäten informiert.