Aus der Start-up-Szene__Snacks als Supplement

Als Alexander Thelen und sein Freund Stanislav Nazarenus mitten in der Corona-Zeit ihr Start-up gründeten, hatten beide große Pläne und Ziele. Dass sich ihr Unternehmen mit der Marke „Mammaly“ so schnell so gut entwickeln würde, hat sie dann doch überrascht. Eine Investition in Höhe von 14 Millionen Euro soll dem Unternehmen jetzt nochmals einen kräftigen Schub geben.

Die Firmengründer Alexander Thelen (26) und Stanislav Nazarenus (33) kennen sich vom Studium und ihrer gemeinsamen Zeit bei einem Venture Capital Fonds. Die beiden wissen also, wie man Investoren für eine Geschäftsidee gewinnen kann. Und sie wissen auch, dass viele Trends, die in den USA erfolgreich sind, meist etwas zeitverzögert nach Deutschland beziehungsweise Europa kommen. Außerdem sind beide leidenschaftliche Hundefans und waren selbst lange Zeit Hundehalter. Deswegen analysierten Thelen und Nazarenus den US-Markt für Nahrungsergänzungen für Heimtiere und waren erstaunt, welch enormes Wachstum dieses Segment in den letzten Jahren hingelegt hat. Gespräche mit Hundebesitzern bestätigten ihre Einschätzung, dass sich auch deutsche Hundehalter intensiv mit dem Wohlbefinden und dem Wohlergehen ihrer Vierbeiner beschäftigen. Für die Familienmitglieder mit Fell wird heute genauso gut gesorgt wie für sich selbst, was Ernährung, Beschäftigung und Gesundheit angeht. Gerade weil sich Tierhalter so intensiv mit dem Befinden ihrer Tiere auseinandersetzen, werden Probleme mit Haut und Fell, Zähnen, Verdauung oder Gelenken sehr ernst genommen. Im Idealfall versuchen Tierhalter präventiv zu handeln, so dass es erst gar nicht zu solchen Schwierigkeiten kommt. Erster Ansprechpartner und Berater ist dabei meist der Zoofachhandel. „Wir haben uns den deutschen Markt für Tier-Supplement-Produkte angeschaut und sind dabei meist auf Tabletten und Pulver gestoßen, die unter das normale Futter gemischt werden. Wir wollten mit Funktions-Snacks eine richtig coole, moderne Marke schaffen, die sich durch eine sehr gute Akzeptanz auszeichnet“, sagt Thelen.
Mit Tierärzten und Universitäten haben sie zunächst fünf Produkte entwickelt. Es handelte sich um Snacks mit hochkonzentrierten Inhaltsstoffen wie beispielsweise pflanzliche Omega-3-Fettsäure Docosahexaensäure (DHA) aus Algen oder natürliches Inulin aus getrockneten Zichorienwurzeln. Ver- packt wurden die Snacks in Dosen. Dies sollte den hochwertigen Charakter der Produkte unterstreichen sowie die Nähe zu Human-Nahrungsergänzungen herstellen. Social-Media-Kampagnen, darunter auch Aufklärung zu Gesundheitsthemen, machten „Mammaly“ im Internet schnell bekannt. Über den eigenen Online-Shop erfolgte der Vertrieb; mit Amazon kam bald ein zweiter Online-Verkaufskanal hinzu.

Ein Meilenstein der Unternehmensentwicklung war der Gewinn des „Fressnapf-Innovations-Award 2022“ in der Kategorie „Scale-up“. Daraus entstand die erste stationäre Vertriebspartnerschaft. Seit September ist „Mammaly“ in den Fressnapf-Märkten erhältlich. Über Händler-Gespräche kam auch die Anregung, die Produkte eher in Pouch- Verpackungen anzubieten, da diese deutlich weniger Platz im Regal benötigten. Für den stationären Handel will man dies künftig berücksichtigen, für den Online-Shop möchte Mammaly aber am alten Konzept festhalten. „Das hat sich bewährt und dadurch fallen wir auf“, ist Thelen überzeugt.
Auch was den Produzenten der Produkte betrifft, hat sich das Unternehmen weiter professionalisiert. In der Anfangsphase wurden die Snacks in einer bayerischen Manufaktur gefertigt, inzwischen arbeitet man mit zwei größeren Herstellern in Deutschland und den Niederlanden zusammen. Und natürlich ist auch das Mitarbeiterteam beachtlich gewachsen: Neben den zwei Gründern gehören 45 Mitarbeiter zum Unternehmen, dessen offizieller Firmensitz in Köln ist. Die beiden Gründer betreiben außerdem ein Büro in Berlin, wo gelegentliche Teamtreffen stattfinden. Vermutlich, so Thelen, war es Corona geschuldet, dass sämtliche Mammaly-Mitarbeiter „remote“, sprich aus dem Homeoffice arbeiten. „Unsere Mitarbeiter sind über ganz Deutschland verteilt. Dennoch funktioniert die Zusammenarbeit bestens“, hebt Thelen hervor. „Wir sind sehr strukturiert aufgestellt, haben die Prozesse komplett digital mit entsprechenden Tools auf- gesetzt und ein gutes System für diese Form der Zusammenarbeit entwickelt“, erklärt er. Die Mitarbeiter wüssten dies zu schätzen. „Klar, man kann nicht mal eben schnell am Schreibtisch eines Kollegen vorbeischauen oder beim Kaffee miteinander quatschen“, weiß Thelen. Deshalb gibt es immer wieder spe- zielle Events, um das Team auch persönlich zusammenzubringen.
Ein solch rasantes Wachstum erfordert natürlich Kapital. „Mammaly“ hat von Anfang an Unterstützung durch Business Angels und Privatinvestoren gehabt. Ende 2021 ist der Pariser Fonds „Five Seasons Ventures“ eingestiegen. Ein Fond, der im Konsumgüterbereich mehrere Invests betreut, wie zum Beispiel den Online-Handel „Koro“ oder die innovative Wasserflasche „Airup“. In einer zweiten Kapitalrunde sammelte „Mammaly“ über Five Seasons und den spanischen Fonds „Iris Ventures“ nochmals 14 Millionen Euro ein. Was mit dem Geld passieren soll, ist den beiden Gründern ganz klar: Sie wollen im stationären Handel weiter wachsen und auch international bekannter werden. Bislang sind die Funktionssnacks in Deutschland, Österreich und der Schweiz erhältlich. „Der Großteil der Kunden kauft immer noch gerne stationär“, ist sich Thelen bewusst. „Wenn wir als Marke wahrgenommen werden wollen, müssen wir also auch in den Läden vertreten sein.“ Natürlich soll auch das Sortiment, bislang gibt es 20 Produkte, weiter ausgebaut werden. „Wir probieren vieles aus und testen gerne. Unser Fokus liegt aber ganz klar auf Snack-Produkten, die einen gesundheitlichen Mehrwert liefern und als Supplement einzustufen sind. Wir sehen uns als Premiumanbieter, der mit hochwertigen Rohstoffen arbeitet, um passgenaue Produkte für die Tierhalter zu erstellen“, sagt Thelen. Sabine Gierok