Gespräch mit MdB Ute Vogt (SPD) __Heimtierbranche im Dialog mit der Politik

Aufgeschlossen gegenüber den Argumenten der Heimtierbranche zeigte sich die Bundestagsabgeordnete Ute Vogt anlässlich einer Gesprächsrunde am 5. Februar in Hambrücken, zu dem der BNA eingeladen hatte. Sie machte aber zugleich deutlich, dass sie für die Durchsetzung eines Importverbotes für Wildfänge kämpfen werde. Bevor Entscheidungen über Regelungen für Heimtierhandel und -haltung getroffen werden, soll es "ergebnisoffene Gespräche auf Bundesebene unter Einbeziehung aller Beteiligten" geben.

Bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD war Ute Vogt, nunmehr stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, maßgeblich für jene Aussage im Koalitionsvertrag verantwortlich, die in der Heimtierbranche und unter Tierhaltern beträchtliche Unruhe ausgelöst hatte. Demnach sollen der Handel mit und die private Haltung von exotischen und Wildtieren bundeseinheitlich geregelt, Importe von Wildfängen in die EU grundsätzlich verboten werden. Entsprechend engagiert und gut vorbereitet nutzten ZZF-Präsident Norbert Holthenrich, Heiko Blessin (JBL), Jürgen Hoch (Import-Export Peter Hoch) und Bernd Schmölzing (EFS) als Vertreter der Heimtierbranche das direkte Gespräch mit der Politikerin, um die Position der Branche zu diesem Kontext darzulegen und mit Zahlen und Argumenten zu untermauern. Übereinstimmend stellten sie die steigende Bedeutung von Nachzuchten und die stark sinkende Zahl von Wildentnahmen heraus, entkräfteten aber auch die im Wesentlichen von Pro Wildlife behaupteten hohen Mortalitätsraten beim Transport.

Importe können heimische Biotope schützen

Norbert Holthenrich führte zahlreiche Argumente gegen ein Einfuhrverbot an und konfrontierte Ute Vogt mit der Frage, warum das geforderte Importverbot im Koalitionsvertrag im Abschnitt "Naturschutz" stehe. Denn den Artenschutz bringe ein Importverbot von Wildfängen nicht zwangsläufig voran: "Bisher wurde noch keine einzige wildgefangene Tierart durch den Fang zum Zweck der Heimtierhaltung ausgerottet! Ein generelles Verbot des Handels mit Wildfängen würde die Biotope dieser Arten gefährden und so deren Rückgang bis hin zum Aussterben beschleunigen. Das Verbot würde Entwicklungshilfe behindern und das Niveau der Biodiversitäts-Forschung um Jahrzehnte zurückwerfen", sagte Holthenrich. Der Fang von Vivarientieren auf der Grundlage biologischer Nachhaltigkeit ermögliche in strukturarmen Ländern ein Einkommen aus der Natur. Tiere überlebten nur in intakten Lebensräumen. Die einheimische Bevölkerung sei daher am Schutz der jeweiligen Tierart und der Verteidigung ihrer Lebensräume gegen schädigende Eingriffe interessiert, so Holthenrich weiter. Aus diesem Grund sei auf der 16. Artenschutzkonferenz im vergangenen Jahr in Bangkok bei der Erörterung von Vorschlägen zur Aufnahme von Arten in die Anhänge des Washingtoner Artenschutzabkommens der Lebensunterhalt von Menschen, die von den Maßnahmen betroffen sind, weiter in den Mittelpunkt gerückt. Um die Vielfalt der Arten zu erhalten, halte der ZZF die Einfuhr von Wildfängen nach wie vor für sinnvoll: "Denn der Handel mit beliebten Aquarienfischen trägt dazu bei, dass diese nicht aussterben. Viele Fischarten, wie beispielsweise die Haibarbe, der Rote von Rio oder der Kardinalfisch, kommen aufgrund von Umweltzerstörung in der Wildnis nicht mehr vor oder sind gefährdet, werden aber noch in der Aquaristik vermehrt. Ein Verbot der Einfuhr von Wildfängen würde Nachzuchtbemühungen behindern, da bei vielen Heimtierarten die Nachzuchtpopulation noch recht klein ist und ohne gelegentliche Einkreuzung von Wildfängen Inzuchtdepressionen drohen", führte Holthenrich weiter aus.

Ferner bezog Holthenrich zu folgenden Themen Stellung:

1. Können Zierfische tierschutzgerecht importiert werden? Die dem ZZF vorliegenden wissenschaftlichen Studien zeigen, dass auf den verschiedenen Transportabschnitten, also vom Fänger zum Exporteur, vom Exporteur zum Importeur, von diesem bis zum Großhandel in Deutschland die Mortalitätsrate zwischen einem und zwei Prozent liegt. Der Anteil tot ankommender Fische liegt in der Regel unterhalb einer vergleichbaren Zeitspanne zu erwarten wäre. Der ZZF empfiehlt, sich die Zahlen von den Grenzkontrollstellen z.B. in Frankfurt, Amsterdam oder Kopenhagen anzusehen.

2. Können Privatleute fremdländische Tiere tierschutzgerecht halten? Aus Sicht des ZZF können Exoten, also fremdländische Tiere, durchaus tierschutzgerecht gehalten werden, auch Wildfänge. Gerade die Terrarianer und auch die Aquarianer informieren sich intensiv über ihre Tierhaltung. Bilder von einzelnen schlechten Haltungsbedingungen in Privathaushalten, die medial mehrfach reproduziert wurden, dürfen nicht verallgemeinert werden. Der ZZF fordert gerade aus Tierschutzgründen, dass Tierfreunde in Deutschland aus einem möglichst breiten Spektrum die passende Art wählen können. Jeder sollte sich für das Heimtier entscheiden können, das er artgerecht halten kann.

3. Sind Exoten gefährlich? In Medienberichten und Stellungnahmen von Tierschutzverbänden werden sogenannte Exoten häufig pauschal als gefährlich für den Menschen bezeichnet. Aus Sicht des ZZF sind die meisten dieser Heimtierarten ungefährlich - die Einhaltung einfacher Hygienemaßnahmen reicht aus. Von sogenannten Exoten werden nicht mehr Krankheiten auf den Menschen übertragen als von Hund und Katze! Viele Studien bestätigen, dass sich das Zusammenleben - auch mit fremdländischen - Tieren positiv auf die Psyche und die Gesundheit des Menschen auswirkt. Hohe Mortalitätsraten entkräftet JBL-Biologe Heiko Blessin schilderte die Situation der Meerwasseraquaristik und verwies dabei auf die Nachzuchten im Korallenbereich. Aktuellen Zahlen zufolge, zusammengestellt aus den Daten der wichtigsten deutschen Meerwasserimporteure und Züchter, liegen die Verluste beim Import unter 3 Prozent. Am Beispiel des "Roten Schnappers" verdeutlichte Blessin, wie der Eindruck von weitaus höheren Verlustraten entsteht: Dieser Fisch darf als Speisefisch in unbegrenzter Menge importiert werden, nicht jedoch als Aquarienfisch. Speise- und Aquarienfische werden aber zusammen in einer Import-Statistik geführt - was das Bild selbstverständlich verfälscht. Auch Bernd Schmölzing, Inhaber des EFS Zierfischgroßhandels, wies mit aktuellen Zahlen nach, dass die Verluste bei Fischen im Großhandel bis 31 Tage nach dem Import unter 2 Prozent liegen. Die Behauptung, dass Naturentnahmen unweigerlich zur Reduzierung von Fischbeständen führen, entkräftete Schmölzing am Beispiel des Purpurziersalmlers: Auch nach Bekanntwerden des Fundortes und starker Entnahme durch Fischfänger ist dessen Population über Jahre stabil geblieben.

Für die Terraristik stellte Jürgen Hoch, Geschäftsführer von Import-Export Peter Hoch, klar: "Weit über die Hälfte aller im Zoofachhandel verkauften Tiere sind Nachzuchten. Viele kommen von privaten Züchtern, zudem gibt es zahlreiche gewerbliche Zuchtbetriebe und Farmen vor allem in Übersee, aber immer mehr auch in Deutschland." Die Zahl der aus Wildfängen stammenden Terrarientiere habe sich in den letzten neun Jahren auf 39 Prozent nahezu halbiert; demgegenüber ist der Anteil aus Farmzuchten und Züchter-Nachwuchs von 33 auf 60 Prozent gestiegen. Naturentnahmen sind laut Hoch für den Zoofachhandel nur dann interessant, wenn es sich um Arten mit großem Verbreitungsgebiet und hoher Populationsdichte handelt. Eine verantwortliche Naturentnahme gefährde den Bestand nicht und sei für Einheimische eine wichtige Einnahmequelle. 50,9 Prozent der Züchter-Nachzuchten stammen aus Deutschland, 27 Prozent aus EU-Ländern und 22,1 Prozent aus Ländern außerhalb der EU. Hoch: "Auch viele Arten, die früher selten waren, stehen heute in ausreichender Zahl als Nachzuchten zur Verfügung."

Vogt: Verbot mit Ausnahmen - Naturentnahmen bleiben möglich

ZZF-Präsident Norbert Holthenrich setzte sich im direkten Gespräch mit Ute Vogt für die Position der Heimtierbranche ein.Ute Vogt zeigte sich interessiert und aufgeschlossen gegenüber den vorgetragenen Argumenten. Niemand in der Regierung, so betonte sie, wolle die Heimtierhaltung verbieten. Es gehe eher darum, diese so zu lenken, dass dem Staatsziel Tierschutz mehr Bedeutung zukomme, Artenschutz und -vielfalt gestärkt würden. Den von ihr persönlich so in die Koalitionsvereinbarung eingebrachten Programmsatz, "Importe von Wildfängen in die EU sollen grundsätzlich verboten ... werden", erläuterte sie in dem Sinne, dass Ausnahmen, etwa für Zoos und "sinnvolle Projekte" weiterhin möglich sein müssten. Es müsse eine Abwägung getroffen werden, wo Naturentnahmen nötig und wo Nachzuchten ausreichen würden. Es sei klar, dass die europarechtliche Dimension ein EU-weites Importverbot vor hohe Hürden stelle, diese halte sie aber langfristig für überwindbar. Geplant sei ein ergebnisoffenes Fachgespräch auf Bundesebene mit allen interessierten Kreisen. Das Thema Positivlisten sei noch nicht entschieden, Positivlisten seien "ein Vorschlag von vielen". Der ZZF wird den Dialog sowohl mit Ute Vogt wie auch mit anderen Politikern fortsetzen mit dem Ziel, die Zukunft der Heimtierbranche nicht durch unbegründete Verbote zu gefährden. (as/vg)