Tierarzneimittelgesetz__„Sehr gute Nachricht für die Heimtierbranche“

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat nach Intervention des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe erklärt, dass Ausnahmen für Sachkenntnisanforderungen auch nach dem neuen Tierarzneimittelgesetz weiter gelten. Zoofachhändler dürfen also aufatmen.

Wie der zza in seiner Januar-Ausgabe berichtete, tritt ab dem 28. Januar 2022 das neue Tierarzneimittelgesetz (TAMG) in Kraft. Nach dem Gesetzeswortlaut gilt der generelle Sachkundevorbehalt zukünftig für alle freiverkäuflichen Arzneimittel ohne Ausnahme. Dies hätte bedeutet, dass Zoofachgeschäfte, die ohne Sachkundenachweis freiverkäufliche Arzneimittel für Heimtiere außer solche für Hunde und Katzen anbieten, ab dem 28. Januar einen Sachkundenachweis benötigen.

Bislang gab es nach Paragraf 60, Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) sinnvolle Ausnahmen des Sachkundevorbehalts für freiverkäufliche Arzneimittel, die ausschließlich zur Anwendung bei Zierfischen, Zier- oder Singvögeln, Brieftauben, Terrarientieren, Kleinnagern, Frettchen oder nicht der Gewinnung von Lebensmitteln dienenden Kaninchen bestimmt sind.

„Hätte gravierende Folgen für Zoofachhändler“

In einer Eingabe beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hatte sich der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) dafür stark gemacht, dass die genannten Ausnahmen weiterhin gelten. In der Eingabe heißt es: „Die neue Rechtslage hätte gravierende Folgen für die Zoofachhändler, für die Hersteller von Tierarzneimitteln, aber auch für alle Tierhalter und die Heimtiere selbst. Rund die Hälfte der ZZF-Mitglieder besitzt aktuell keinen Sachkundenachweis nach § 50 AMG – vor allem kleinere spezialisierte Betriebe zum Beispiel im Bereich der Aquaristik und der Terraristik hätten das Nachsehen.“

ZZF-Geschäftsführer Gordon Bonnet führt beispielhaft aus: „Wenn Aquarianer nicht mehr in ihrem Fachgeschäft die notwendigen Tierarzneimittel erwerben können, verzichten sie womöglich ganz darauf oder decken sich über Online-Anbieter ein – fern jeglicher Fachberatung. Da es nur sehr wenige Tierärzte gibt, die sich mit Aquaristik auskennen, ist dies auch keine Alternative. Nachteilige Folgen für das Tierwohl wären daher unvermeidlich.“

Positive Rückmeldung vom Ministerium

Das BMEL hat sich laut ZZF mit dieser Eingabe auseinandergesetzt und nun in einem offiziellen Schreiben eine positive Rückmeldung gegeben. Darin heißt es wortwörtlich: „Das BMEL vertritt in Abstimmung mit dem für die Zulassung von Tierarzneimitteln und deren Freistellung von der Zulassung zuständigen Bundesministerium für Gesundheit (BMG) dazu folgende Auffassung: Die Ausnahme des § 60 AMG von dem Erfordernis eines Sachkenntnisnachweises wird im TAMG in analoger Weise fortgeführt, soweit es den Einzelhandel mit Tierarzneimitteln für bestimmte Heimtiere, die nach § 4 TAMG von der Pflicht zur Zulassung freigestellt sind, betrifft. Tierarzneimittel, die von der Pflicht zur Zulassung nach § 4 TAMG freigestellt worden sind, sind nach § 40 Absatz 2 Satz 2 TAMG stets frei verkäuflich, es bedarf dazu keiner Einzelfallentscheidung durch die zuständige Bundesoberbehörde (das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, BVL).“

Hinsichtlich eines Sachkundenachweises ändert sich nun doch nichts

Auch zur Belieferung des Zoofachhandels durch den Großhandel äußert sich das Ministerium: „Das TAMG sieht für von der Pflicht zur Zulassung nach § 4 TAMG freigestellte und damit nach § 40 Absatz 2 Satz 2 TAMG freiverkäufliche Tierarzneimittel (anders als bei Tierarzneimitteln, die nach § 40 Absatz 1 TAMG aufgrund einer Einzelfallentscheidung des BVL als frei verkäuflich kategorisiert wurden) nicht vor, dass eine Belieferung von Einzelhändlern durch Großhändler oder Hersteller nur dann erfolgen darf, wenn der Einzelhändler die erforderliche Sachkenntnis besitzt. Somit ändert sich für die Einzelhandelsbetriebe des Zoofachhandels, die nach § 4 TAMG von der Zulassung freigestellte Tierarzneimittel an den Endverbraucher abgeben, ab 28. Januar 2022 im Hinblick auf Sachkenntnisanforderungen nichts.“ Bonnet kommentiert: „Das ist eine sehr gute Nachricht für die Heimtierbranche“.

Antimikrobiell wirksame Tierarzneien verschreibungspflichtig

Das BMEL hat seine Stellungnahme genutzt, um darauf hinzuweisen, dass nach Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2019/6 ab 28. Januar 2022 antimikrobiell wirksame Tierarzneimittel EU-einheitlich verschreibungspflichtig sind und nur durch Apotheken und Tierärzte ausgegeben werden dürfen. Nach dem gemeinsamen Verständnis des BMEL und des BMG in Abstimmung mit dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sind dies Tierarzneimittel, „die Wirkstoffe gemäß der in Nummer 3 und Nummer 4 des Anhangs der delegierten Verordnung (EU) 2021/578 der Kommission vom 29. Januar 2021 (ABl. L 123 vom 9. 4. 2021, S. 7) gelisteten ATCvet-Codes enthalten.“

Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass derzeit Arzneimittel freiverkäuflich auf dem Markt sind, die ab 28. Januar 2022 nicht mehr durch Einzelhandelsgeschäfte des Zoofachhandels verkauft werden dürfen. Der ZZF wird recherchieren und seine Mitglieder informieren, um welche Produkte es sich handeln könnte. Die umsatzwichtigsten Floh- und Zeckenhalsbänder sowie sogenannte Spot-on-Präparate für Hunde und Katzen zählen jedenfalls nicht dazu, da sie als Biozidprodukte nach dem TAMG nicht als Tierarzneimittel gelten.