Wir fürs Tier__Intensiver Dialog in Berlin

Wie entscheidend ein harmonisches Miteinander von Heimtierhaltenden und Nicht-Heimtierhaltenden für das Tierwohl ist – und wie wichtig es ist, tiergerechtes Verhalten bereits in der Kindheit zu erlernen – zeigte die politische Tagung „Wir fürs Tier“ des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF). Am 14. Mai lud der Verband Politiker, Verbandsrepräsentanten, Wissenschaftler, Pädagogen sowie Vertreter der Heimtierbranche zum Austausch nach Berlin ein.
Mit der Veranstaltung im Haus der Bundespressekonferenz knüpfte der ZZF an frühere politische Dialogformate an. Das Thema lautete: „Umgang mit Heimtieren lernen – ein Gewinn für unsere Gesellschaft“. ZZF-Präsident Norbert Holthenrich freute sich über die gute Resonanz. Über 90 Teilnehmer waren der Einladung gefolgt, um über die Rolle von Heimtieren in unserer Gesellschaft zu diskutieren. In seiner Begrüßung hob Holthenrich hervor: „Heimtierhaltende haben Pflichten, aber welche Rechte haben sie? Menschen, die Heimtiere halten wollen, stoßen in vielen Lebensbereichen auf Einschränkungen. Häufig wird die Tierhaltung in Mietwohnungen verboten, es gibt viele kommunale Vorschriften und Gesetze, in vielen Berufen sind Tiere am Arbeitsplatz nicht erlaubt. Auch in Geschäften oder Behörden haben Tiere oft keinen Zugang. Als ZZF sehen wir an vielen Stellen Handlungsbedarf, damit der Stellenwert von Heimtieren in Deutschland mehr Akzeptanz erfährt und das Leben für Tierhaltende fairer und einfacher gestaltet wird.“
Politische Unterstützung erhielt der Verband auch von Hermann Färber (CDU), Mitglied des Deutschen Bundestages und in der vergangenen Legislaturperiode Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft. In seinem Grußwort würdigte Färber die Rolle des Zoofachhandels als wichtigen Partner für Beratung und artgerechte Heimtierhaltung. Er sprach sich dafür aus, nicht immer neue Tierschutzgesetze zu fordern und Tierhaltende unter Generalverdacht zu stellen. Stattdessen gelte es, auf Prävention, Aufklärung und Selbstverantwortung zu setzen: Kinder sollten möglichst früh an die Bedürfnisse von Tieren herangeführt werden und lernen, welche Verantwortung die Haltung eines Tieres mit sich bringt.
Eine wissenschaftliche Perspektive steuerte Dr. Katharina Ameli vom Interdisciplinary Centre for Animal Welfare Research and 3R der Justus-Liebig-Universität Gießen bei. In ihrer Gastrede „Tier und Mensch in der Gesellschaft“ zeigte sie auf, wie vielfältig und ambivalent Mensch-Tier-Beziehungen sind – insbesondere, wenn man sie, wie sie es formulierte, „durch unterschiedliche Brillen betrachtet“, also interdisziplinär unter soziologischen, philosophischen, pädagogischen und tiermedizinischen Gesichtspunkten. Ameli skizzierte, wie Wechselwirkungen untersucht werden, welche Machtperspektiven sich daraus ableiten lassen und wie Tiere in sozialen Interaktionen eingebunden sind. Ihre zentrale Botschaft: „Wir müssen uns fragen, wie wir unser Leben mit Tieren gestalten wollen und wessen Interessen wir vertreten, wenn wir mit ihnen interagieren.“ Dazu müsse man verschiedene Perspektiven einnehmen und ein Lernen mit allen Sinnen, Emotionen und wissenschaftlichen Erkenntnissen ermöglichen. Denn Tierschutz sei heute ein gesamtgesellschaftliches Thema.
Anschließend fanden zwei Podiumsdiskussionen statt, moderiert von ZZF-Kommunikationsleiterin Antje Schreiber beziehungsweise ZZF-Fachreferentin Selina Schlierenkamp. Im ersten Diskussionsforum ging es um den „Umgang mit Heimtieren im Kindesalter und Bildungswesen“. Expertinnen und Experten wie Dr. Katharina Ameli, Dr. Stefan Karl Hetz (wissenschaftlicher Referent des ZZF), Sarah Kijewski (Lehrerin an der Europaschule Rheinberg), Lea Mirwald (Geschäftsführerin des österreichischen Verbands „Tierschutz macht Schule“) und Dr. Rainer Wohlfahrth (Vizepräsident der International Society of Animal-Assisted Therapy) beleuchteten verschiedene Aspekte: die Rolle von Tieren als „pädagogische Mitarbeiter“, die Chancen und Herausforderungen der Tierhaltung an Schulen, den Kompetenzerwerb durch Pflege und regelmäßigen Umgang mit Tieren sowie rechtliche und Finanzierungsfragen. Die Podiumsgäste waren sich einig, dass die Vermittlung von Tier-Wissen in die Lehrpläne von Bildungseinrichtungen integriert werden sollte und folglich die (praktische) Tierhaltung stärker in universitäre Curricula aufgenommen werden könnte.
Das zweite Diskussionsforum widmete sich dem Thema „Umgang mit Hunden im öffentlichen Raum“. Andreas Ackenheil (Anwalt für Tierrecht), Dr. Anne Zinke (Landestierschutzbeauftragte Brandenburg), Jens Beeck (FDP, Initiator des „Parlamentskreises Hund“), Karin Witthohn (ZZF-Vorstandsmitglied und Heimtierpflegerin) sowie Markus Beyer (Vorsitzender des Bundesverbands Bürohund) diskutierten darüber, wie das Zusammenleben von Hunde- und Nicht-Hundehaltern verbessert werden kann. Einigkeit bestand darin, dass gegenseitiger Respekt entscheidend ist, die Städteplanung hundefreundlicher gestaltet werden und Kommunikation Vorrang vor starrer Regulierung haben sollte.
Der Austausch mit dem Publikum verlief ebenfalls sehr lebhaft und setzte sich beim abendlichen Get-together fort. Die dabei gewonnenen Ideen und Impulse wird der ZZF in einer Abschlussdokumentation zusammenfassen und Politik sowie weiteren Stakeholdern zur Verfügung stellen. Insgesamt, so das Fazit der Teilnehmer, war die Veranstaltung sehr gelungen und eröffnete zahlreiche neue Perspektiven auf das Zusammenleben von Mensch und Tier. Sabine Gierok
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