Artikelarchiv

Lieferkettengesetz__„EU schießt sich ins Abseits“

Foto: Niklas/Pixabay

Im Dezember 2023 hat die Europäische Union ein Lieferkettengesetz beschlossen. Dieses Gesetz gefährde die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen, schreibt das Institut der deutschen Wirtschaft. Auch die Wirtschaftsentwicklung zahlreicher Entwicklungs- und Schwellenländer werde darunter leiden.

Nach langer Diskussion hat sich die Europäische Union auf ein europäisches Lieferkettengesetz geeinigt: Zahlreiche global aktive Unternehmen müssen künftig die Nachhaltigkeit entlang ihrer gesamten Lieferketten überwachen und einhalten. Für die Unternehmen sei das ein erheblicher Aufwand, so das Institut der deutschen Wirtschaft (IW).

Die Unternehmen müssten nun vertragliche Zusicherungen von ihren Zulieferern einholen und nachweisen – bei komplizierten Industrieprodukten eine Herkules-Aufgabe, der die Lieferanten aus Drittstaaten nicht gerecht werden können. Bei Verstößen drohen unter anderem Geldstrafen von bis zu fünf Prozent des globalen Umsatzes und der Ausschluss aus öffentlichen Aufträgen.

Entwicklungsländer vor Problemen

Die Einigung geht damit weit über das deutsche Lieferkettengesetz hinaus. Zwar ist laut IW eine europäische Lösung besser als die nationale, doch die geplante Regulierung schieße über das Ziel hinaus. Sie sei ein Handelshemmnis und ein Bürokratiemonster, das die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen beeinträchtigen wird. Weltweit machten es andere Regierungen gerade anders und bemühten sich, ihre Wirtschaften industriepolitisch aufzupäppeln, heißt es in einer IW-Mitteilung.

Auch für viele Entwicklungs- und Schwellenländer, aus denen europäische Unternehmen ihre Vorprodukte beziehen, sei das ein Problem. Sie seien nicht darauf vorbereitet, die Vorgaben des neuen Gesetzes zu erfüllen. Viele europäische Unternehmen werden sich laut IW aus diesen Ländern zurückziehen müssen – mit negativen Folgen für die Beschäftigung und die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort.

Negative Effekte schon jetzt sichtbar

Das zeigten auch IW-Berechnungen auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamts. So sanken die deutschen Bekleidungsimporte aus Kambodscha in den ersten zehn Monaten des Jahres 2023 nominal um mehr als zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Bekleidungsimporte aus Bangladesch und Pakistan gingen sogar um fast 20 Prozent zurück – ein erster Hinweis auf potenziell negative Effekte des deutschen Lieferkettengesetzes. Die strengeren europäischen Regeln dürften das nur verschärfen.

„Mit dem Lieferkettengesetz schießt sich die EU im globalen Wettbewerb ins Abseits“, sagt IW-Wissenschaftlerin Professorin Galina Kolev-Schaefer. Das schaffe freie Bahn für die Konkurrenz aus China, die viel weniger auf Nachhaltigkeitsaspekte achte. „Die EU-Staaten müssen die betroffenen Unternehmen und Drittländer dringend bei der Umsetzung des Gesetzes unterstützen“.