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Der Saftkugler (Rhopalomeris carnifex)__Bringt Farbe ins Insektarium

Im Tenasserim Gebirge der Regierungsbezirke Surat Thani und Krabi sind diese dunklen R. carnifex zu finden.

Was sind denn Saftkugler? So seltsam der Name klingt, so logisch ist er: Die Tiere können sich komplett zusammenrollen (Kugel) und geben dabei ein Wehrsekret (Saft) ab. Die mit Tausendfüßern verwandten Insekten bestechen durch ihre attraktiven Farben wie Gelb, Rot und Lackschwarz. Sie werden als „niedlich“ befunden und sind deshalb nicht selten “Frauchens“ Pfleglinge. Sehr viel Equipment wird zur Pflege der interessanten Tiere nicht benötigt, dafür jedoch unbedingt Fachwissen. Dieses Wissen muss bei der Haltung strikt berücksichtigt werden, dann lassen sie sich auch gut vermehren. von Jens Kühne

Rhopalomeris carnifex, in dieser Farbkombination ist die Art vor allem und oft im Tenasserim Gebirge zu finden.

Meine ersten Erfahrungen mit Saft- und Riesenkuglern machte ich in Thailand und wenig später in anderen Ländern Südostasiens. Mich faszinierten diese Tiere sofort, bis zur ernsthaften Beschäftigung mit ihnen dauerte es jedoch eine Weile. Den Schlüsselreiz gab letztendlich die Art Rhopalomeris carnifex (ein Glomaride). Hauptsächlich in Karstarealen findet sich diese Art sehr häufig, und das in verschiedenfarbigen Population/Populationsgruppen. Diese Art ist sehr gut zu halten. Auch weitere gefundene Arten von Glomeriden (so auch die Gattung Hygleomeris = Kleine Saftkugler) sind gut haltbar. Ein Ausgangs- und Schlüsselpunkt bei der erfolgreichen Pflege war die Beobachtung in der natürlichen Umgebung. Zum einen sind Glomariden immer in Karstarealen zu finden, zum anderen muss immer ein lockerer Humusboden vorhanden sein. Vor allem unter gerade verrottenden Baumstämmen und Ästen sind R. carnifex schnell zu finden.

Das Lebensareal von R. carnifex umfasst wenigstens die gesamte Halbinsel Malaya, angefangen südlich von Bangkok. Nördlich von Bangkok und in anderen Gebieten wurde die Art R. carnifex dokumentarisch noch nicht nachgewiesen, jedoch sollte die Art wenigstens noch in Ostthailand, Kambodscha und Südvietnam zu finden sein. Der erfolgreiche Glomaridenhalter Peter Kaut, Tübingen, berichtete von DNA-Untersuchungen zu R. carnifex: Eine Inselpopulation von Ko Pangga im Golf von Thailand gelegen erschien nach der Untersuchung so unterschiedlich, dass diese artspezifisch beschreibbar ist. Morphologisch, speziell in der Farbe weicht diese Population von den meisten Populationen des Tenasserim Gebirges ab. Ich selbst nenne diese Population die „Kleinen Dunklen“. Zu finden sind solche Populationen auch auf dem thailändischen Festland im Regierungsbezirk Nakhon Sri Thammarat, sicherlich auch darüber hinaus. Interessanterweise fand ich innerhalb dieser Populationen ebenfalls Farbmorphen. Zusätzlich sind einige Populationen im Verbreitungsgebiet ebenfalls abweichend gefärbt.

Wie eingangs erwähnt sind Saftkugler der Art R. carnifex mit wenig Equipment zu halten. Es mehren sich Meldungen über die erfolgreiche Vermehrung. Die Beharrlichkeit der Halter und Hobbyisten zahlt sich aus, bald können Nachzuchten weitergegeben werden. Ein Beweis mehr dafür, wie sinnvoll das Hobby Tierhaltung ist.

Transport und Zwischenhaltung

Ein wichtiger Punkt zur erfolgreichen Haltung ist die Unterbringung der Tiere, dies gilt auch für den Transport und die vorübergehende Haltung. Die Tiere müssen bei der Zwischenhaltung ebenso fachgerecht wie bei der Haltung behandelt werden. Die Behälter sollen groß genug sein, das Substrat (das zugleich Futter ist) muss feucht, aber nicht nass sein. Orchideenpfleger kennen diesen Substratzustand gut. Über dem Substrat ist eine hohe Luftfeuchtigkeit aufrechtzuerhalten, die nicht unter 70 Prozent sinken soll. Dabei muss die Luft zirkulieren können. Idealerweise kommt eine Plastikbox zum Einsatz, deren Luftlöscher so dimensioniert und angeordnet sind, dass diese Luftzirkulation gewährleistet wird. Erfahrung ist dabei das Schlüsselwort. Glomariden und Riesenkugler mögen keine hohen Temperaturen. Richtlinie und Obergrenze sind 24°C.

R. cf. carnifex, die „Kleinen Dunklen“, hier vom Regierungsbezirk Nakhon Sri Thammarat.

Haltung und Ernährung

Die obigen Angaben zu Luftfeuchtigkeit, Luftzirkulation, Temperatur und Substrat gelten genauso für die dauerhafte Haltung von R. carnifex und andere Kugler z.B. in einem Glaspaludarium. Selbstverständlich sollte dies reizvoll gestaltet werden, da die Tiere auch am Tag, „weidend“ über das Totholz ziehen.

Allgemein werden Boxen verwendet. Diese müssen groß genug dimensioniert sein, also nicht unter 40 x 20 x 20 cm. Eher größer und höher. Somit steht mehr Futter zur Verfügung und der Luftzwischenraum von etwa 10 cm Höhe kann gut eingehalten werden. Luftlöscher und Gaze sollten im Deckel und an den Seiten angebracht werden. So diagonal geschaltet, dass es Durchzug gibt. Die Größe der Belüftungsöffnungen muss auf die Umgebung (also den Raum, indem sich das Paludarium/die Box befindet) abgestimmt sein. Ein geheizter Raum kann extrem trocken sein! Im Boden können ein oder mehrere Löscher angebracht werden, damit überschüssiges Wasser ablaufen kann. Wie oben erwähnt: Staunässe ist zu vermeiden.

Junge Saftkugler sind nicht größer als etwa ein Sandkorn – dies muss bei der Größe der Lüftungslöcher berücksichtigt werden. Da junge Saftkugler bis zu einer Größe von 2 mm den Bodengrund nicht verlassen, können höher angebrachte Luftlöcher durchaus größer sein.

Rhopalomeris carnifex „Erdbeergelee“ (Handelsbezeichnungen dürfen erlaubt sein), diese Population stammt von einem Karstareal im Regierungsbezirk Chumporn.

Die höchste Schicht im Bodengrund sollte aus weißfaulem Holz bestehen, das idealerweise angenehm nach Pilzen riecht. Dieses ist nicht nur Bodengrund, sondern gleichzeitig Futter für die Saftkugler. Zusätzliches Futter sind rotfaules Holz und Laubhumus. Zudem sollte etwas Kalk, als Stein oder zerbröselt, zugegeben werden. Riesenkugler brauchen zusätzlich Flechten und Moose, idealerweise Mikromoose, die auf Blättern zu finden sind. Ich gebe immer etwas Rinde in den Behälter.

Zu betonen ist der ökologische Nutzen der hier angesprochenen Tiergruppen. Sie setzen den Waldboden in extremer Intensität um. Das wird der Halter schnell im Insektarium feststellen, wenn er anstatt des Holzes lauter ausgeschiedene Kügelchen vorfindet. Es ist erstaunlich, welche Mengen die kleinen Tierchen umsetzen, sie sind ökologisch wenigstens mit Regenwürmern gleichzusetzten. Glomariden nehmen die auf dem Substrat lebenden Mikroorganismen auf. Diese vermehren sich dort und werden verstärkt ausgeschieden.

aus zza 1/2017