Tierschutz__EU-Kommission lehnt Positivlisten ab

Bei einem Treffen der EU-Agrarminister am 24. Mai 2022 haben sich Zypern, Litauen, Luxemburg und Malta gegen die Haltung von Wildtieren ausgesprochen. Hintergrund waren Bedenken bezüglich des Tier-, Arten- und Gesundheitsschutzes. Der Agrarrat diskutierte auch einen Vorschlag der Kommission für eine Positivliste für die Heimtierhaltung.

Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) begrüßte die Initiative der Kommission: „Der Handel mit Wildtieren birgt Risiken für den Artenschutz, den Tierschutz und auch die menschliche Gesundheit. Wir brauchen geeignete Maßnahmen auf EU-Ebene – eine Positivliste kann hier helfen.“

Für die Heimtierhaltung bedeutet die sogenannte Positivliste, dass jedes Tier, das nicht auf dieser Liste steht, in der EU nicht mehr privat gehalten werden kann. Wie der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe auf seiner Internetseite mitteilt, werde in dem Papier behauptet, dass Wildtiere beziehungsweise exotische Heimtiere eine der größten Bedrohungen für die biologische Vielfalt darstellten und in der Haltung von Tierfreunden leiden würden.

Kein Wechsel der Systematik

Die EU-Kommission  lehnt laut ZZF die Einführung einer EU-weiten Positivliste ab, weil sie einen Wechsel der Systematik bedeuten würde: Positivlisten stellen als grundsätzliches Verbot mit Ausnahmevorbehalt eine strengere Regelungsform dar. Außerdem sei es schwer, zwischen exotischen Haustieren und Wildtieren zu unterscheiden. Zudem hat die Kommission bereits umfangreiche Rechtsvorschriften zu invasiven Arten, „Animal Health“ und Artenschutz in Form von Negativlisten im Einklang mit dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen auf den Weg gebracht und entkräftet damit die Argumente für eine Positivliste. Es gebe keine Hinweise, dass diese Maßnahmen weniger wirkungsvoll sind als Positivlisten, so der ZZF.

Der Verband befürwortet diese Einschätzung der EU-Kommission, da es bisher keinen Beleg gebe, dass es in der Haltung von exotischen Heimtieren wie beispielsweise Zierfischen oder Terrarientieren besonders häufig Verstöße gegen das deutsche Tierschutzgesetz gibt. Die meisten als Heimtiere gehaltenen Exoten werden als Nachzuchten gehalten und sind also bereits in gewissem Umfang domestiziert. Beispiele sind Wellensittiche, Papageien, Bartagamen, Wüstenrennmäuse und vieles mehr. Somit ist unklar, ob die Einführung einer Positivliste den Tierschutz im Heimtierbereich fördern würde.

Laut der vom BMEL in Auftrag gegebenen Exopet-Studie wurden tierschutzwidrige Tierhaltungen nicht vermehrt bei Wildtieren festgestellt. Woher die Tiere kommen sowie der Grad der Domestizierung entscheidet nicht unmittelbar darüber, ob Tiere für das Zusammenleben mit dem Menschen geeignet sind.

Der deutsche Verband der Heimtierbranche stellt daher in Frage, dass die Maßnahme einer Positivliste verhältnismäßig wäre und einen so großen Eingriff in die Handlungsfreiheit und Entfaltungsfreiheit des Menschen rechtfertigt. Der ZZF tritt dafür ein, einen Handel mit Wildtieren zu unterbinden, der illegal und nicht nachhaltig ist oder große Risiken für die menschliche Gesundheit, die Erhaltung der biologischen Vielfalt oder die Einhaltung akzeptabler Tierschutzstandards birgt.

Branche hat nötige Expertise

Die Heimtierbranche verfüge über Erfahrung bei der Einführung von Heimtieren, so der Verband. Meist komme die Branche aufgrund von Erfahrungen mit einer Tierart zu einem Ergebnis, ob sie für die Heimtierhaltung geeignet oder nicht geeignet ist. Normative Aussagen helfen laut ZZF bei diesem Prozess nicht. Der ZZF hat aus diesem Grund bereits vor 25 Jahren eine Negativliste mit ungeeigneten Heimtierarten eingeführt.  

Eine EU-weite Positivliste berge das Potenzial, Menschenrechte zu untergraben, Anreize zur Erhaltung der Artenvielfalt zu beeinträchtigen und der nachhaltigen Entwicklung zu schaden. Der Handel mit Wildtieren generiere wichtige Ressourcen für die schwächsten Bevölkerungsgruppen der Welt und trage zur Ernährungssicherheit von Millionen von Menschen bei, insbesondere in Entwicklungsländern.

Zudem könnten Verbote des Wildtierhandels dazu führen, dass der Handel in die Illegalität getrieben und noch schwieriger zu regulieren wird. In vielen Fällen kann der nachhaltige Handel mit Wildtieren wichtige Anreize für die örtliche Bevölkerung bieten, Arten und den Lebensraum, von dem sie abhängen, aktiv zu schützen. Dabei wird laut ZZF häufig übersehen, dass die Gefahr von Zoonosen und der Beeinträchtigung der Wildpopulationen vor allem von der Zerstörung von Lebensräumen durch landwirtschaftliche Expansion, Abholzung und industrielle Viehzucht ausgeht.